11.02.2009 – The Gaslight Anthem / Frank Turner / Polar Bear Club – Berlin Kato

the-gaslight-anthem-tour-2009Als derzeit spannendste Punk-Band gilt unbestritten THE GASLIGHT ANTHEM. Und das gerade aufgrund der unspektakulären Berufung auf traditionelle amerikanische Musikstile. Sie rocken und lärmen nicht einfach nach vorn, sondern nehmen sich Zeit, für die Depression des Alltags, den buchstäblichen Blues, und zelebrieren dabei trotzig das Aufrichten nach jedem noch so harten Niederschlag. Stimmungsvoll kokettiert die Attitüde der Auflehnung mit Einflüssen des (erwähnten) Blues und Folk. Das ist nicht zwingend aufregend, dafür aber bodenständig, erwachsen und progressiv. Zumindest im Sinne einer Vorstellung des Punk als Jugendkultur. 

Die Wintertour des Vierers aus New Jersey durfte bereits im Vorfeld getrost als früher Höhepunkt des Konzertjahres 2009 deklariert werden. Missmutige Stimmen, sie wollten das Feuer früherer Shows vermisst haben, gab es nach dem Gastspiel im Berliner Kato dennoch. Laut werden diese bevorzugt, wenn eine Band am Scheideweg zwischen Independent- und Major-Segment steht. Möglicherweise haben solche Einwände ihre Berechtigung, vielleicht boten THE GASLIGHT ANTHEM in der Vergangenheit ja wirklich schon überzeugendere Konzerte. All jene, die sie bislang auf den Brettern der Republik verpasst haben, dürften jedoch kaum Anlass zur Beschwerde gefunden haben. 

Das lag an der ausgelassenen Stimmung im rappelvollen Club und insbesondere am Set. Brian Fallon, der Springstein des Punk, und seine Mitstreiter ließen über gut 80 Minuten (gefühlt) keinen ihrer Songs aus. Man durfte, nein, eigentlich musste man an diesem Abend auf seine Kosten kommen. Auch wegen des Vorprogramms: POLAR BEAR CLUB kombinieren den rotzigen Indie-Punk von HOT WATER MUSIC mit zeitgemäßem Emo-Schmiss. Während ihrer knapp bemessenen Bühnenzeit holten sie damit heraus, was es herauszuholen gab. Sie bedienten ihre EP, spielten einen brandneuen Track und dampften das jüngst erschienene Prachtalbum „Sometimes Things Just Disappear“ auf die relevantesten Hits (u.a. „Hollow Place“ und „Our Ballads“) ein. Nur das Publikum wollte nicht recht mitziehen. 

Der dazwischen auftretende Frank Turner bot als Singer/Songwriter eine sympathische Show, fügte sich als eher typischer Junge mit der Gitarre aber nur unter großer Reibung in die grandiose Abendunterhaltung ein. Dass dies (beinahe) restlos ausverkaufte Tourpaket nicht in größere Hallen verlegt wurde, geschah angeblich auf Wunsch des Headliners. Der atmosphärischen Intimität wegen. Bei Hits in Serie, solchen wie „Wooderson“, „The Patient Ferris Wheel“, „We Came to Dance“, „Film Noir“ oder (natürlich) „The ´59 Sound“ und einem das komplette Auditorium erfassenden Überschwang eine denkbar weise Entscheidung. 

Der Weg jedenfalls dürfte für THE GASLIGHT ANTHEM steil bergauf führen – daran wird wohl niemand ernsthafte Zweifel lassen. Ob diese möglicherweise letzte Tingeltour durch kleine Clubs nun wirklich als eine Art Abschiedspräsent an die frühen Fans gedacht war, bleibt dennoch Spekulation. Auf ein baldiges Wiedersehen, in welchem Umfang auch immer, darf man aber bereits jetzt gespannt sein.

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