Auf solch üppig dimensionierten Bühnen wie der im Kölner Palladium spielen HOT WATER MUSIC auch nicht alle Tage. Aber der Anlass gebot den Rahmen. Denn der Punk-Rock-Klassiker aus Gainesville zelebrierte ein Vierteljahrhundert des Bestehens. Zu diesem Anlass wurden (natürlich) 25 Songs aus allen Perioden ihres durchaus wegweisenden Schaffens präsentiert. Dabei wurde zunächst das Hit-Album „Caution“ (2002) in voller Gänze – und hübsch der Reihe nach – zum Besten gegeben, ehe noch ein schmuckes Best-of-Set obendrauf gesetzt wurde.
Ein solches Großereignis, und nicht weniger als das war die bis dato größte Headliner-Show des Vierers, braucht aber auch die richtige Unterstützung. Die fand sich in Personalunion der SPANISH LOVE SONGS, RED CITY RADIO und MUFF POTTER. Das Support-Paket rechtfertigte die Hallengröße ebenso. Für HOT WATER MUSIC mag es ein kleines Wagnis gewesen sein. Am Ende jedoch war die geräumige Hütte ausverkauft. Atmosphärisch bestens gerüstet sowieso. Allerdings dauerte es bis zu den reanimierten Indie-Punks von MUFF POTTER, ehe es bis in die hinteren Reihen voll wurde.
Den frühen Startschuss von SPANISH LOVE SONGS verpassten, ob mutmaßlich oder unfreiwillig, zahlreiche Besucher. Den Verfasser dieser Zeilen aufgrund zweiter Kategorie eingeschlossen. So reichte es beim Einlass gerade noch für das abschließende „Beer & Nyquil (Hold It Together)“. Schade eigentlich. Kurz darauf begannen gleich RED CITY RADIO, deren rauer, mittlerweile vermehrt rockiger Sound zweifelsfrei vom Schaffen des Headliners geprägt ist. Sänger Garrett Dale, der mit HOT WATER MUSIC-Erststimme Chuck Ragan einmal mehr ums größte Reibeisen rang, bestach zunächst aber vorrangig durch krude Ansagen und die Anstimmung sinnfreier „Yeah“-Chöre.
Entgegen des Trends ihrer letzten, nicht mehr ganz überzeugenden selbstbetitelten Platte von 2015 bemühten sich die Mannen aus Oklahoma aber um einen gesunden Spagat zwischen punkigem Vorschub und melancholischer Rockigkeit. Mit Beiträgen wie „Whatcha Got?“, „Two Notes Shy of an Octave“, „Electricity“, „Two for Flinching“, „Show Me on the Doll Where the Music Touched You“ oder „In the Shadows“ sorgten RED CITY RADIO für gute Stimmung. Dass die Bretter des Palladiums eine Spur zu groß für sie wirkten, fiel dabei unter dem Strich nicht nennenswert ins Gewicht.
Anders MUFF POTTER, deren zeitloser Mix aus Indie-Rock und Deutsch-Punk noch jede Bühne bereichert hat. Die seit vergangenem Jahr dankbarerweise wieder aktiven Münsteraner begannen mit „Ich und so“ dezent sperrig, öffneten sich nach schwer rockendem Auftakt aber zunehmend klassischen Hits der Gangart „Wenn dann das hier“, „Auf der Bordsteinkante (nachts um halb eins)“, „Wir sitzen so vorm Molotow“, „Von wegen (aus Gründen)“ oder „Allesnurgeklaut“. Mit „The Boat“, dem emotionalen Höhepunkt des Auftritts, wurde auch ein Stück von Chuck Ragan gecovert, das der Urheber gleich selbst stimmlich begleitete. Vor der Bühne ging ordentlich die Post ab, so dass sich die putzmunter aufgelegte Band in ihrer Reunion ein weiteres Mal bestätigt gefühlt haben dürfte.
Danach der unzweifelhafte Höhepunkt. Ohne Ansage begannen HOT WATER MUSIC, deren Zweitstimme Chris Wollard seit Ende 2017 krankheitsbedingt von FLATLINERS-Frontmann Chris Cresswell vertreten wird, mit „Caution“. Dabei machte der Opener des Album-Klassikers, „Remedy“, sowie anschließend insbesondere „Trusty Chords“ und „Wayfarer“ deutlich, dass das Publikum nicht umsonst so zahlreich erschienen war. Aus unzähligen Kehlen wurden die Texte in sämtlichen Teilen der Halle mitgeschmettert, so dass sich die Gänsehaut bereits frühzeitig ihren Weg über den Körper bahnte. Und das nicht zum letzten Mal an diesem Abend.
An Hits mangelt es „Caution“ bekanntermaßen nicht. Entsprechend euphorisch reagierte der Pulk. Zusätzlich angeheizt wurde die prächtige Stimmung durch Gastsänger Ingo von den DONOTS, der das Mikro bei „Not for Anyone“ übernahm und es sich nicht nehmen ließ, eine kurze Laudatio auf HOT WATER MUSIC anzustimmen. Der zweite Teil der Show begann nach einer kurzen Pause mit Ragan und seiner Akustikgitarre, auf der neben „Old Rules“ auch „State of Grace“ gespielt wurde. In kompletter Mannstärke folgten u. a. „A Flight and a Crash“, „Rebellion Story“, „No Division“, „Vultures“ und – im Zugabenteil „Rooftops“, „It’s Hard to Know“ sowie „Turnstile“ (mit Unterstützung von MUFF POTTER-Frontmann Nagel). Der üppigen Dimensionierung von Raum und Bühne wurden die Jubilare dabei auch soundtechnisch vollauf gerecht. Die nächsten 25 Jahre können kommen!