Indoor-Festival-Touren stellen die arbeitende Zuschauerschaft bisweilen vor ernste Probleme. Bei Einlasszeiten gegen 17 Uhr mit Veranstaltungsbeginn eine Stunde später lässt sich das Line Up kaum in vollem Umfang erleben. Böse Zungen mögen behaupten, dass das meist unbekanntere Vorprogramm der zu späterer Stunde aufspielenden Prominenz durchaus verzichtbar bleibt. Geholfen ist damit aber weder den Bands, noch dem Publikum.
Beim Gastspiel der etablierten „Never Say Die!“-Tour im Berliner Huxleys begann der Abend aufgrund des Frühstarts ohne Kenntnisnahme von WE CAME AS ROMANS und YOUR DEMISE. Den Erlebnishorizont bereicherten also erst die gegen halb acht aufspielenden WAR FROM A HARLOTS MOUTH, die vor heimischem Publikum leichtes Spiel hatten und dem Pulk mit Songs wie „Crooks At Your Door“ ordentlich einheizten. Der frickelige Mix aus Math- und Death-Core mündete in reichlich Bewegung vor der Bühne und die Hauptstädter, die ihr unlängst erschienenes Album „MMX“ promoteten, hätten akustisch kaum bombastischer daherkommen können.
Von solchen Ehren waren EMMURE weit entfernt. Die Krachschläger aus Connecticut sind live an Langeweile kaum zu überbieten und rumpelten auch diesmal in schleppendem Tempo durch ein monotones Set, bei dem Beiträge wie „When Keeping It Real Goes Wrong“ das Publikum nur vereinzelt zur Ekstase trieben. Schon ihr letztes Album „Felony“ ließ die Klasse der hoch gelobten ersten Tonträger vermissen, so dass sie gern auf mehr ältere Nummern hätten zurückgreifen dürfen. Erstaunlich, dass sie trotzdem noch so viel Zuspruch ernteten.
Eine Enttäuschung waren auch BLEEDING THROUGH, deren Frontmann Brandan Schieppati als volltätowierter Hardcore-Ken nur in Unterhose über die Bretter tobte. In der Hauptsache bedienten die Kalifornier klassische Nummern des Kalibers „Rise“ oder „Revenge I Seek“, was gut ankam, jedoch zu selten wirklich mitriss. Keyboarderin Marta, deren Leistung in der scheppernden Soundsoße komplett unterging, konnte sich allein durch das Schütteln ihrer Haarpracht hervortun. Live eigentlich immer eine Bank, konnten die Metal-Hardcore-Routiniers diesmal nicht überzeugen.
Ganz anders COMEBACK KID, die schon optisch Kontrastprogramm zum Showcharakter des Muskelmannes Schieppati bildeten. Schreihals Andrew Neufeld neigt mittlerweile zu stattlicher Leibesfülle, fegt aber noch immer wie ein Derwisch hin und her. Die Kanadier hatten spürbar Lust sich und ihr jüngstes Werk „Symptoms + Cures“ zu präsentieren. Geboten wurde ein akustisch solider wie gewohnt überzeugender Querschnitt durch alle Schaffensphasen („Our Distance“, „Wake the Dead“, „Broadcasting…“), in den neue Stücke wie „G.M. Vincent & I“ problemlos integriert wurden. Der punkige Hardcore kam trotz Publikumsschwund gut an und darf als eines der Highlights des Abends im Gedächtnis bleiben.
Das muntere Finale besorgten PARKWAY DRIVE, die mit wuchtigem Sound im Rücken Hits wie „Romance is Dead“ oder „Sleepwalker“ zum Besten gaben. An Überzeugungskraft haben die Australier in den letzten Jahren verloren. Ihre Platten machen unbestritten Spaß, taufrisch wirkt die Metal/Hardcore-Melange aber längst nicht mehr. Dem verbliebenen Publikum (in der Drangphase dürften es rund 1200 Menschen gewesen sein) war das egal und ging noch mal mit vollem Körpereinsatz mit. So war es ein solider, aber nur selten begeisternder Abend, dessen atmosphärische Entfaltung durch den Graben vor der Bühne überdies deutlich ausgebremst wurde.