Zum Abschied noch ein Totenhemd (I 1968)

zumabschiedtotenhemdAllmählich bringt das DVD-Zeitalter Licht ins nahezu unüberschaubare Dunkel des Italo-Westerns. Ein Strahl der Erhellung fällt auch auf „Zum Abschied noch ein Totenhemd“, der, 1968 gedreht, nach seiner deutschen Kinoauswertung von der Bildfläche verschwand. Erst 35 Jahre später erlebte der von Ettore Maria Fizzarotti („Zwei irre Typen außer Rand und Band“) inszenierte Film seine Videoerstveröffentlichung. Für Fans und Komplettisten ein durchaus lohnenswerter Fang.

Scharfschütze Shane (Mike Marshall, „Lady Dracula“) sinnt auf Rache. Der feige Mord an seiner Familie zerstörte den Traum von einem bürgerlichen Leben und ließ ihn zum eiskalten Mörder werden. Die Verantwortung dafür trägt der despotische Großgrundbesitzer Ralph Magdalena (Dane Savours), dem Shane nun mit Waffengewalt zu Leibe rückt. Als er selbst angeschossen wird bricht er auf dem Land der Witwe Benning (Michéle Girardon, „Der Schatz der Azteken“) und ihres Sohnes Kristian (Valerio Bartoleschi, „Die Rote Wüste“) zusammen. Die beiden pflegen ihn gesund, geraten dadurch jedoch selbst ins Visier der Schurken. Sie werden zu Gejagten, doch schlägt Shane in die Enge getrieben gnadenlos zurück.

„Zum Abschied noch ein Totenhemd“ ist ein schlichter, zynisch brutaler Rachewestern. Hauptdarsteller Mike Marshall (1944-2003), der auch im James Bond-Abenteuer „Moonraker“ (1979) zu sehen war, agiert solide und darf nach vollbrachter Tötung auch mal über das ganze Gesicht strahlen. Daneben gibt er den gebrochenen Revolverhelden mit wenig ausgewogenem Mienenspiel. Vor seiner Begegnung mit der schönen Witwe, die trotz des Blutes an seinen Händen Gefallen an ihm findet, fährt er beinahe zärtlich mit den Fingern über den Lauf seines Colts. Schleier- und dergleichen stümperhaft bleibt nur Shanes geistige Rückblende auf die Nacht der Ermordung seiner Familie. Bei der war er zwar nicht anwesend, erinnert sich der Begebenheiten aber dessen ungeachtet mit sichtlicher Detailfülle.

Das Drehbuch von Genrekenner Giovanni Simonelli („Django – Nur der Colt war sein Freund“, „Für ein paar Leichen mehr“) möchte auch psychologische Aspekte bedienen. Die Motive Shanes werden nicht verteidigt, aufgrund der kaltblütigen Ermordung einiger Zivilbürger durch die Handlanger Magdalenas aber legitimiert. Durch die alleinerziehende Farmerin Benning werden die Konsequenzen hinterfragt und ein Gegenpol zum mörderischen Treiben des selbstjustierenden Rächers geschaffen. Das Shane der erbarmungslose Feldzug nicht von seiner Trauer befreit ist ihm wohl bewusst. Der Gesetzmäßigkeit des Spaghetti-Westerns entsprechend kann es aber auch nicht schaden solch finstre Gesellen wie Spartaco Conversi („Sabata“) vom Antlitz der Erde zu tilgen.

Auch in den Nebenrollen tummeln sich alte Bekannte des Genres, beispielsweise Germano Longo („Die unerbittlichen Fünf“) und Furio Meniconi („Todesmelodie“). Gleiches gilt für die deutschen Synchronsprecher, leiht doch allein Edgar „Benjamin Blümchen“ Ott dem früh verscharrten Sheriff die Stimme. Ein Klassiker des Genres ist „Zum Abschied noch ein Totenhemd“ ebenso wenig, wie dreckige Dutzendware. Ein Italo-Western nach bewährtem Muster mit mehr Höhen als Tiefen. Um sich zu behaupten reicht das allemal.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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