Zero (LT 2006)

zeroltDie Spuren der Tarantinos und Ritchies reichen weit. Dank Emilis Velyvis nun sogar bis nach Litauen. In drei mehr oder weniger miteinander verwobenen Episoden erzählt der Regisseur einen überspitzten Thriller im sozialen Brennpunkt von Drogenabhängigkeit, Spielsucht und Gewalt. Für die Kinokultur seiner Heimat mag „Zero“ einen bedeutenden Schritt markieren, ein sehenswerter Film ist aus der hehren Ambition jedoch nicht gewachsen. Das Bemühen bleibt spürbar, nur fehlt es neben zündenden Ideen allen voran an Figuren mit Widererkennungswert.

Keiner der Charaktere verdeutlicht das besser als der Bestattungsunternehmer (Andrius Paulavicius, „Elzes Leben“), der aufgrund seiner Schuldenlast bei der Mafia in Lebensgefahr gerät. Er raubt seinen Klienten, sehr zum Unwill der Hinterbliebenen, die Goldzähne und versucht jeden erdenklichen Kontakt zu nutzen, um an den geforderten Betrag zu kommen. Der würde sein Dasein verlängern und den bereits als Zahlungserinnerung einbehaltenen Finger an ihn zurückführen. Nur fehlen die sympathischen Züge. Da ist keine Brücke zwischen Protagonist und Zuschauer, die seiner aussichtslosen Odyssee Anteilnahme abringen könnte. Der notorische Spieler ist ein Drecksack, der sich nicht aus der eigens aufgehäuften Scheiße freistrampeln kann. Pech gehabt.

So zäh die wenig originellen Ideen der Geldbeschaffung auch wirken, sie gehen Hand in Hand mit den übrigen Schicksalen einher, die sich Velyvis aus dem Ärmel des heimatlichen Abschaums schüttelt. Da ist der Deserteur (Adomas Stancikas, „Whisper of Sin“), den der Trieb aus dem Staatsdienst in die Arme der Geliebten treibt. Weil die das Bett aber mit einem anderen teilt, müssen Frau und Nebenbuhler sterben. Schlussendlich sind es zwei Junkies, die sich mit Hilfe einer Leidensgenossin in Beschaffungskriminalität üben. Sie steigt zu fremden Männern ins Auto, lockt sie in ein abgelegenes Waldstück und lässt sie von ihren Komplizen ausnehmen.

Dabei fehlt es an narrativem Geschick, um die Begebenheiten über marginale Überschneidungen hinauszuführen. Am Ende landet der flüchtige Soldat im Auto der hintersinnigen Hure, während im Kofferraum des gestohlenen Wagens der vermeintlich tote Bestattungsunternehmer liegt. Die Szenarien sind zu gewollt, zu sehr auf unflätige Dialoge und abgewrackte Typen ausgelegt. Echten Humor, und sei er auch noch so schwarz, sucht man vergebens. Als Bindeglied muss an der Peripherie ein motorisierter Pizzabote (Algis Ramanauskas, „Made in Estonia“) fungieren, der erst vom Militär als vermeintlicher Deserteur geschunden und letztlich von den süchtigen mit dem Auto überfahren wird. Der Pulp-Thriller ist mehr exotisch als originell. Als Antrieb der Rezeption ist das schlicht zu wenig.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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