
„If you stay, they’re gonna kill you. And then I’m gonna have to go around and kill all the guys who killed you. That’s a lot of killing.” – Billy
Bis in die mittleren 1980er galt der Western in Hollywood als tot. Zur Revitalisierung trugen 1985 gleich zwei Filme bei: Clint Eastwoods „Pale Rider“ und Lawrence Kasdans „Silverado“. Eine Genre-Renaissance blieb jedoch aus. Zumindest, bis Eastwood 1992 das Oscar-prämierte Meisterwerk „Erbarmungslos“ vorlegte. Vier Jahre zuvor (ergo drei nach „Pale Rider“ und „Silverado“) schickte sich „Young Guns“ an, dem Western eine Frischzellenkur zu verabreichen und bereitete bekannte Erzählelemente in moderner Form für die MTV-Generation auf.
Das Skript bedient mit dem Lincoln-County-Rinderkrieg (1878 bis 1881) reale Hintergründe. Auslöser ist der eskalierende Konflikt zwischen den Ranchern John Tunstall (Terence Stamp, „The Limey“) und Lawrence Murphy (Jack Palance, „Chatos Land“). Tunstall bietet jungen Herumtreibern Obdach, Bildung und Arbeit. Auf diesem Weg stößt auch William H. Bonney (Emilio Estevez, „Breakfast Club“) zu ihm, besser bekannt als Billy the Kid. Der respektlose Streuner stößt bei Tunstalls anderen jungen Helfern, allen voran Dick Brewer (Esteves-Bruder Charlie Sheen, „Die rote Flut“), zunächst auf Argwohn. Allerdings wird Billy allmählich zur treibenden Kraft, nachdem Murphy den Konkurrenten Tunstall ermorden lässt.
Von Anwalt Alexander McSween (Terry O’Quinn, „Stepfather“) lassen sich Billy, Dick, Doc Scurlock (Kiefer Sutherland, „Flatliners“), Jose Chavez (Lou Diamond Philipps, „La Bamba“), Dirty Steve (Dermot Mulroney, „Bad Girls“) und Charlie Bowdre (Casey Siemaszko, „Biloxi Blues“) zu Hilfs-Sheriffs ernennen und machen sich daran, die Verantwortlichen für Tunstalls Tod zur Rechenschaft zu ziehen. Da Billy die Spirale von Gewalt erzeugender Gegengewalt aber immer weiter antreibt, werden die Regulatoren genannten Deputys bald selbst zu Gesetzlosen erklärt.
„All right, let’s dance!“ – Buckshot Roberts
Bereits der mit Stromgitarren-Klängen unterlegte Schwarz-Weiß-Vorspann lässt erahnen, dass Regisseur Christopher Cain („Der Principal“) mehr an einer actiongeladenen Neuinterpretation klassischer Western-Motive als einer akkuraten Aufarbeitung historischer Ereignisse gelegen war; eine der Schießereien wird vom bewährten Brian Keith („Nevada Smith“) als Kopfgeldjäger Buckshot Roberts geprägt. Auf die (seinerzeit) jüngere Zielgruppe zugeschnittene Eigenheiten bleiben aber Teil der Erzählstruktur. So werfen die Regulatoren, als sich Ratlosigkeit breitmacht, auf Chavez‘ Anraten in der Wüste Pilze ein. Das bringt die Geschichte zwar nicht voran, zahlt in seiner Absurdität aber unbestritten auf die Kurzweil ein.
In Hälfte eins prägen Streitigkeiten zwischen Billy und Dick über die Anführerschaft die Dynamik der Gruppe. Um die Figuren der jungen Anti-Helden aber auch über das blutige Tagwerk hinaus mehrschichtig zu charakterisieren, darf sich Doc in Murphys chinesische Konkubine Yen Sun (Alice Carter) verlieben. In den Mittelpunkt strebt aber immer wieder die Action, die sich in einem üppigen Showdown entlädt, bei dem Billy & Co. dem von Murphy bedrohten McSween zu Hilfe eilen und in dessen Haus von einer Übermacht – inklusive anrückender US-Kavallerie – umstellt werden. Dabei gibt es auch den beiläufig niedergeschossenen Tom Cruise („Top Gun“) zu erspähen, der bei einem Set-Besuch kurzerhand in Murphys Bande integriert wurde.
Nicht mehr zeitgemäß erscheinen die unscharfen Zeitlupensequenzen, die der Arbeit von Kameramann Dean Semler (Oscar für „Der mit dem Wolf tanzt“) nicht allein positive Eindrücke bescheren. Für ein gelungenes Gesamtpaket sorgt neben der flotten Inszenierung aber vor allem der Mix aus gestandenen Hollywood-Veteranen und spielfreudigen Jungstars. Aus der Besetzung stechen der für humorige Anflüge zuständige Estevez sowie Sutherland und Philips hervor, die auch die Hauptrollen in der zwei Jahre später gedrehten Fortsetzung „Blaze of Glory“ (1990) spielten. Als eine Brücke dazu dient die beiläufige Begegnung zwischen Billy und seinem späteren Freund und Mörder Pat Garrett (John Waynes Sohn Patrick). Ungeachtet der kompetenten Umsetzung bleibt „Young Guns“ kein Film von bestechender Güte, bis heute aber einer mit üppigem Unterhaltungswert.
Wertung: (7 / 10)