Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies (I 1979)

woodoofulci„Ich fühl plötzlich so eine Eiseskälte in mir hochsteigen. Ich will kein lebender Toter werden. Bitte bring mich nach Hause.“ – Al Clivers nachvollziehbarer Wunsch nach der Begegnung mit seiner verschiedenen Gattin…

Am 3. März jährt sich der Todestag des 1927 geborenen italienischen Kult-Regisseures Lucio Fulci zum achten Male. In stillem Gedenken an diesen Patron des schlechten Geschmacks, diesen Patriarch der graphischen Gewalt, dieses oft verkannte und noch häufiger überschätzte Trugbild eines genialen Künstlers wollen wir an dieser Stelle einen flüchtigen Blick werfen auf eines der herausragendsten Machwerke dieses emsigen Fliessbandfilmers, der in der Schaffensperiode zwischen 1959 und 1992 weit mehr als 40 Werke schuf. Die Rede ist von „Gli Ultimi Zombi“, besser bekannt als „Zombi 2″ oder seinem deutschen Pendant „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“. Im Jahre 1979 feierte der von Dario Argento umgeschnittene Euro-Cut des George A. Romero-Klassikers „Zombie – Dawn of the Dead“ in Italien Premiere und kitzelte aus dem beflissenen Mittelmeervölkchen die Passion für schleunigst heruntergedrehten Low-Budget-Splatter hervor.

Und siehe da, an vorderster Front focht Lucio Fulci unter tatkräftiger Mithilfe des Erfolgsproduzenten Fabrizio De Angelis („The Riffs“, „New York Ripper“), der unter den Pseudonymen Larry Ludman und Ted Russell selbst solch illustren Schund wie „Killer Krokodil“ oder die „Thunder“- und „Karate Warrior“-Reihen inszenierte, noch im selben Jahr eine der für den europäischen Ballungsraum wegweisendsten Schlachten auf diesem subkulturellen Plateau aus. In Anlehnung an Romero wurde „Schreckensinsel der Zombies“ auch unter den Titeln „Island of the living Dead“ oder „Zombie Flesh-Eaters“ veröffentlicht. Fulci, der mit „Ein Zombie hing am Glockenseil“, „The Beyond“ oder „Das Haus an der Friedhofsmauer“ rege zwischen Genre-Ikone und Stümperstatus rangierte, räuberte sich inhaltlich rund um den Globus, während er auf formalem Sektor vornehmlich bei sich selbst zu kopieren pflegte.

Eine Ausnahme bildet auch „Schreckensinsel der Zombies“ nicht, präsentiert der Streifen doch diverse Fulci-typische Erscheinungsmerkmale wie eingefangene Augenpaare in Großaufnahme oder die obligatorische Malträtierung selbiger. Dabei verkündet bereits die Eingangssequenz unheilvolles, in der sich aus der Schwärze des Bildes ein Revolver schält, welcher die Mündung am betrachtenden Okular vorbei auf einen gefüllten Kleidersack richtet, der sich vertäut auf einem klapprigen Bettgestell allmählich in die Höhe windet. Den Hahn flucks gespannt, die Trommel auf Durchzug gestellt und der stummen Lakengestalt in Großaufnahme eine ordentliche Portion Blei in die vorderen Hirnlappen gejagt; welch possierlicher Auftakt, sieht man ans verlängerte Nasenbein getackerte Blutbeutel derart ergötzlich doch mit Vorliebe platzen.

Dann flüstert der schemenhafte Lümmel mit der Bleispritze: „Hier gibt es nichts mehr zu tun. Das Schiff kann auslaufen“ und entlässt den Zuschauer in die Obhut der Anfangstitel, die den wahnwitzigen Auftakt für die aus den Fugen geratene Filmmusik Fabio Frizzis und Giorgio Tuccis bildet, nämlich ein obskures Pandämonium aus feudaler Synthi-Orgel, stumpfer Urwaldpercussion und fehlgeleiteten Karibikklängen. Unmittelbar nach dem Vorspann steuert das vom militanten Triebtäter erwähnte Segelschiff schmutzverkrustet und scheinbar verlassen die ruhigen Gewässer der New Yorker Hudson Bay an und ruft aufgrund fahrlässiger Behinderung des örtlichen Fremdenverkehrs zwei fidele Beamte der Küstenwache auf den Plan. Diese schreiten denn auch sogleich zur Tat und wälzen im Geiste bereits die möglicherweise satten Profite einer anstehenden Bergung, als einer der beiden Gierhälse unter Deck eine offensichtlich zu lange in Spülkonzentrat eingeweichte Hand humanoiden Ursprunges aus einem umherirrenden Laken schüttelt.

Als dann auch noch ein bröseliger fettleibiger Unhold aus einem nahen Verschlag bricht und dem ertappten Ordnungshüter die glattrasierte Halsschlagader per beherztem Biss zum brodeln bringt, scheint der Arbeitstag des Beamten endgültig im Arsch. Und während roter Lebenssaft in rauen Mengen aus der aufgetanen Quelle sprudelt, schnuppert der schorfige Gauner bereits am Oberdeck ein bisschen Seeluft, wird aber vom wenig verständnisvollen Kollegen des liebevoll benagten Würdenträgers von einigen Kugeln aus der eiligst herbeigezauberten Dienstwaffe über Bord gescheucht. Bevor wir allerdings bei der Autopsie des gen Nirvana entschwundenen Küstenwächters dem tumben Zwillingsbruder von Richard Pryor einen Besuch abstatten, der in inniger Zusammenarbeit mit dem pedantischen Neffen Siegmund Freuds die Skalpelle wetzt, während der abgetretene Staatsdiener unter dem seinen Leib verhüllenden Laken erste Anzeichen nach anstehendem Auslauf vermuten lässt, führt uns die Geschichte mit den Hauptfiguren zusammen.

Da wäre zum einen der smarte Pressefuzzi Peter West (der fleischgewordene Seitenscheitel: Ian McCulloch, „Zombies unter Kannibalen“), zum anderen die resolute Tochter des verschollenen Yachteigners Ann Bowles (ausdrucksstark wie ein feuchter Putzlappen: Tisa Farrow, „Jäger der Apokalypse“). Bei seinen Recherchen trifft der windige Reporter schließlich auf das ratlose Töchterchen und weil es das Drehbuch so will, verfolgt das potentielle Untotenfutter die Spur von Anns Erzeuger aufgrund eines mysteriösen Briefes auf die ferne Karibikinsel Matul, wo sich solch illustre Fressen wie Al Cliver („Geisterstadt der Zombies“), Auretta Gay („Flotte Bienen auf heißen Maschinen“), Stefania D´Amario („Großangriff der Zombies“) und Olga Karlatos („Die Wiege des Teufels“) tummeln. Dort angekommen, wird das Gespann von Dr. Menard (spielfreudig wie ein Begrenzungspfahl: Richard Johnson, „Bis das Blut gefriert“), dem früheren Kollegen des gesuchten Vaters, über dessen Tod informiert.

Ein kurz zuvor initiierter Tauchgang lässt uns unwürdige Normalsterbliche übrigens teilhaben an einer denkwürdigen Hai-Attacke gegen einen unter Wasser dreinstelzenden Untoten, dessen Konturen der aufgetragenen Lehmmaskerade durch die im Zuge des Badespaßes gen Oberfläche driftende Kopfwolle jedoch eindeutig zu bestimmen sind. Während dieses Kampfes greift der Zombie auf Urlaub beherzt in die physische Beschaffenheit des Tieres, um sich eine deliziöse Faust voll Hai in den Schlund zu stopfen (einen kurzen Augenblick später ist die massive, aus dem Leib des Fisches entweichende Blutwolke jedoch wie von Geisterhand verschwunden), bevor der submarine Räuber den Arm des umtriebigen Gauners schließlich in Stücke knuspert. Das hätte sich Jacques Costeau sicher nicht träumen lassen!

Derweil erweist sich ein uralter Fluch der ansässigen Eingeborenen auf dem idyllischen Eiland für das grassierende Massensterben verantwortlich, was die Laune der beteiligten Touristen nur geringfügig steigen lässt. Nicht zuletzt, weil dieser ausgefuchste Mummenschanz die Toten ihren Gräbern entsteigen und dem saftigen Fleische der unfairerweise quicklebendigen Feriengemeinde nachstellen lässt, was schon bald die zahlenmäßige Überlegenheit auf Seiten der schlurfenden wie kannibalischen Dümmlinge zerrt. So müssen Peter und Ann mit Grausen feststellen, dass die Insel langsam aber unaufhaltsam von den zappligen Duplikaten des klapprigen Johannes Heesters überrannt wird.

Dieser Umstand allerdings lässt den Film nach einer gemächlichen ersten Hälfte in der zweiten Spielzeit Vollgas geben, was diverse putzige Verwicklungen mit der blutgierigen Rasselbande hervorruft. So wird unter anderem die rassige Tiffe des Doktors beim Duschen von einem grabbelnden Pfötchen an der Fensterscheibe im Zusammenspiel mit an einen masturbierenden Biber erinnernden Brunftlauten gestört. Beim hastigen Versteckspiel büßt der morsche Spanner erst einmal ein paar per Türbegrenzung vom Knochen gehobelte Finger ab, bevor selbiger das Pressholz in einem nachvollziehbaren Akt der Barbarei in Stücke schlägt und das Äuglein des Mediziners Vorzeigegespielin mit einem Splitter der Größe Neufundlands in Richtung Hinterkopf verschiebt. Zu allem Unglück bricht der hölzerne Dorn im plastilinen Schädelnachbau auch noch ab, bevor sich ein ganzes Rudel der patinabedeckten Perversen am Hackepeter der sterblichen Überreste des Frolleins goutiert. Wohl bekomms!

Im weiteren Verlaufe des turbulenten Selbstfindungstrips wird ein aus dem Unterholz trabender Strolch mit dem Jeep der Flüchtlinge zu Klump gefahren und es schälen sich wurmzerfressene hungrige Grünlinge aus dem Erdreich eines nahegelegenen Friedhofs, was neben dem mehrfach ins Bild gerückten Blickfang einer monströs siffenden Halsverletzung auch den dank eines steinernen Grabkreuzes zu Bolognese verarbeiteten Zombieschädel unter die vordersten Plätze auf der Liste der freudenreichsten aufgezeigten Grausamkeiten hievt. Zu diesem Zeitpunkt liegen die menschlichen Besatzer den untoten Häschern gegenüber nach Punkten klar in Front, doch machen die geistesabwesenden Grabbewohner den Mangel an taktischer Finesse durch horrende Gruppenarbeit wett. So bekommt Dr. Menard schließlich ein rosiges Stück Wange abgeschlemmt, während dessen einheimischem Gehilfen gar ein formschöner Krater in die Armbeuge gekaut wird.

Das schreit fast nach Unentschieden, doch verwandelt der wackere Peter problemlos einen Freistoß, als eine der tumben Kreaturen seinen siechenden Schädel durch ein geöffnetes Fenster der ärztlichen Station reckt und eine volle Breitseite rostiger Spatenkelle zu schmecken bekommt, bevor selbige auch formvollendet dessen Hinterkopf zu knacken weiß. Und auch wenn der ins Antlitz gekleisterte Torf des wankelmütigen Kanonenfutters meist nur bis kurz unter die Region der Ohrläppchen zu reichen scheint, für ein knisterndes Lagerfeuer sind die nimmersatten Kameraden doch bestens geeignet. Durchs lodernde Stroh unter dem Haupthaar des artig zum Vordereingang reinschneienden Mutterbodens biegen die wenigen Überlebenden letztlich schnurstracks auf die Siegerstraße ein und bauen ihren Vorsprung durch fleißig bearbeitete Zombievisagen und flüchtende Hirnmasse stetig aus. Blöd nur, dass die Untoten in der Halbzeitpause bereits das Spiel auf dem Festland für sich entschieden haben. Wär bestimmt nicht passiert, wenn der Zwillingsbruder von Richard Pryor ein besserer Leichenfledderer gewesen wäre.

Zwischen Postkartenidylle und Splatter-Mansch zelebriert Lucio Fulci ein Freudenfest der visuellen Abartigkeiten, lässt Gedärme spritzen, Leiber platzen, Schädel wie Rohrbomben explodieren und den hurlenden Schwachsinn schönste Blüten treiben. Die herrlich bekloppten Charaktere, die auch nach dem zigsten zerschroteten Kappes Erst einmal die Wanstgegend der blutgeilen Horden ins Visier nehmen, anstatt gleich das ohnehin rudimentär funktionale Hirn der schleichenden Nüllen aus den hohlen Behältern über den Schulterblättern zu ballern, holpern strikt nach Drehbuch in jeden noch so offensichtlichen Scheißhausbrei. Da wird sich auf dem Friedhof ausgeruht, das Auto in Windeseile gegen den nächsten Baum gesemmelt und der hölzerne Ärzteverschlag glatt unterm eigenen Arsch abgefackelt! Laune verbreiten nebenbei übrigens auch die deutlich als tierischen Ursprungs zu deklarierenden Begleitlaute der durch die Botanik stelzenden Pappköppe, die zugegebenermaßen selten derart Effektvoll in Szene gesetzt wurden.

Dass Fulci dem dankbaren Publikum obendrein blutrünstige Szenenfolgen auftischt, bis die Fontanelle raucht, sein Machwerk mit stimmigen Licht-/Schattennuancen bestückt und Sergio Salvatis („The Beyond“) Kamerawerkzeug einmal mehr ruhelos, wandernd und inspizierend wie ein neugieriges Kätzchen durch die Orte des Geschehens streifen lässt, sind eindeutige Attribute seiner inszenatorischen Klasse, obgleich der je nach Bedarf bäuchlings über das Eiland robbende Sturm erneut Zweifel an der Kompetenz des Filmemachers aufkeimen lässt. Die schwachbrüstigen Dialoge gedeihen nicht zwingend auf Tiefsinn oder Verständnis, versprühen aber oftmals den Charme handfesten Sperrmülls, was in steter Folge unfreiwillige Lacher beschert. Doch am Bodensatz seiner überwiegend erheiternden Atmosphäre ist dieser Vorreiter der Zombie-Euro-Welle ein herausragendes weil zufriedenstellendes Genreperlchen, dass nicht umsonst das enorme Aufkommen südeuropäischer Untotenscharen lostrat.

Bleibt neben Fulcis des öfteren vollzogenem Auftritt im eigenen Film noch auf die gute Arbeit des Maskenbildners und Make-Up-Spezialisten Giannetto De Rossi zu verweisen, der in späteren Tagen in steter Folge zwischen Hollywood und Europa rangieren sollte und solch unterschiedliche Werke wie „Dune“, „Conan – Der Zerstörer“, „Das Haus an der Friedhofsmauer“ oder „Rambo III“ veredeln sollte. Warum das titelgebende „Woodoo“ in „Schreckensinsel der Zombies“, der sich wie so viele Streifen Fulcis (dem einstigen Schreckgespenst eines jeden Prüfers der FSK) seine Indizierung redlich verdient hat, in diesem Falle allerdings mit W geschrieben wird, vermag auch der Verfasser dieser Zeilen nicht zu beantworten, obschon den geneigten Trash- und Zombiefreund derlei kleinlaute Sinnsucherei nicht von der bekömmlichen Kurzweil dieses bluttriefenden Schinkens abbringen sollte.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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