The Wohlstandskinder – En Garde (2000, Vitaminepillen Records)

wohlstandskinderengardeEin gewisser Grad der Selbstüberschätzung gehörte für die WOHLSTANDSKINDER immer dazu, in der zweiten Hälfte ihrer etwa zehnjährigen Bandgeschichte setzte man gar noch den prägnanten Zusatz „The“ vor den Bandnamen. Böse durfte man ihnen deswegen bestimmt nicht sein, ein schelmisches Grinsen, ein stets ironischer Unterton begleitete das Quartett seit ihren Anfangstagen Mitte der 90er. Zwar im Punk verwurzelt, war eine Kategorisierung jedoch immer schwierig. Mit etwas Wohlwollen könnte man ihr Erstlingswerk „Poppxapunk“ als poppigen Deutsch-Punk betiteln, zu sehr unterschied man sich jedoch musikalisch und textlich von den vielen unter einheitlicher Flagge polternden Kapellen des deutschsprachigen Punkrocks. Die WOHLSTANDSKINDER wollten immer etwas eigenständiges sein, was am besten und ehesten mit ihrem 2000er Werk „En Garde“ zu beschreiben ist.

Vom eingängigen Pop-Punk mit immer wieder eingesetzten Ska-Elementen entfernte sich die Band zusehends, bereits auf dem Vorgänger „Delicatessen 500sl“ war davon weniger zu hören. Stattdessen ging die Tendenz eindeutig in noch eingängigere, poppigere Gefilde. Geschadet hat es dem Sound mitnichten, wenngleich sich auch einige „alte“ Fans sprichwörtlich auf den Schlips getreten fühlten. Einleuchtende Gründe dafür gibt es nicht, denn eine höhere Hitdichte als auf „En Garde“ ist (fast) nicht möglich. Das Meisterstück der WOHLSTANDSKINDER besticht durch Abwechslung, einer Unmenge fantastischer Melodien und versprüht stets das gewisse Etwas. Nicht nur einmal wird dabei über den Tellerrand geschaut. Bläser oder ein Piano runden die hypermelodischen Songs ab, dazu der bandtypische Wortwitz sowie der glockenklare Gesang von Sänger Honolulu Silver. „En Garde“ darf man nicht an einigen ausgewählten Titeln festmachen, dieses Album funktioniert von vorne bis hinten als Ganzes. Auch wenn dies viele sicherlich anders sehen werden, auf seine Art und Weise gehört dieses Album zum Besten, was überhaupt unter dem Begriff „deutsche Rockmusik“ fällt. Etwas Besseres ist ihnen danach leider nicht mehr gelungen.

Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

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