Wizo – Herrénhandtasche (1995, Hulk Räckorz/SPV)

wizo-herrenhandtasche„Das ist ungesund… und macht doof!“

Ungesund? Doof? Das sind nicht unbedingt die Attribute, die man WIZO zuschreiben möchte. Aber wenn es die Schwaben im Titelstück ihrer ’95er-EP „Herrénhandtasche“ schon selbst tun, wer wären wir, ihnen zu widersprechen? Nach dem Klassiker „Uuaarrgh!“ war die Erwartungshaltung groß. Also taten die Sindelfinger das, was sie am besten können: Sie scherten sich einen Dreck um das, was andere wollen, und nahmen 8 Songs auf, die zwischen Spaß und Ernst, Nonsens und Weltproblemen eine Party zum Nachdenken befeuern.

Der beste Beitrag ist, da kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben, „Quadrat im Kreis“, der eindringlich das Schicksal von Straßenkindern beleuchtet. Nach kurzem Räusper-Hallo-Intro geht es mit „9247“ jedoch locker leicht los. Schicke Melodien, schicke Chöre, alles schick. Das solide Cover des französischen Klassiker „Poupée de Cire“ (France Gall) kann da nicht wirklich mithalten. Dafür aber die englischsprachigen Beiträge „Cruising“ und „Closet“, wobei der erste das sinnlose Umherfahren im Auto feiert und der (bessere) zweite die unerfüllte Liebe aus Schwulenperspektive zeigt. Das gibt es selbst im Punk nicht allzu häufig.

Neben dem erwähnten, willkommen skurrilen „Herrénhandtasche“ ist da noch „Brief/Telefon/Tür“, das mit rockigen Untertönen und grotesker Färbung eine unterschwellig unbehagliche Stimmung fördert. Der wiederum englische Abschluss „Do You Remember Me?“ frönt einmal mehr unbeschwerter Beschallung und rundet die gelungene EP ab. Den größeren Nachhall kreierten WIZO zwar mit „Uuaarrgh!“, der Unterhaltungswert ist aber auch auf dem Nachfolger ungebrochen hoch. In Alarmbereitschaft wird die Geschmackspolizei daher einzig aufgrund der gestellten Booklet-Fotos auf dem Tennisplatz versetzt.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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