Wizo – DER (2016, Hulk Räckorz)

wizo-derWIZO sind wütend. So kennt man die Schwaben, die um klare politische Botschaften nie verlegen waren. Den Unterschied markiert auf „DER“, ihrem sechsten Langspieler, die Reduzierung des Ironie-Anteils. Auf Kurzweil und spöttische Seitenhiebe muss zwar nicht verzichtet werden, doch überwiegt die gewohnt deutliche Kritik an Staat und Gesellschaft. Zu Beginn („Adagio“) lässt Frontmann Axel allerdings seinen Traum von der Anarchie aufleben und überlässt es wohlweislich dem Hörer, ihn dafür als Utopisten abzustempeln. Zum Schluss des Openers wird – wie übrigens auch bei „Apocalypso“ – noch kurz die musikalische Brücke zum indizierten Klassiker „Kein Gerede“ geschlagen. Ob die Sittenwächter daraus wohl ableiten können, wie der Systemsturz herbeigeführt werden soll?

In Sachen Härte und Tempo geben sich WIZO einmal mehr abwechslungsreich. „Wahlkrampf“ (gegen politische Verblendung) und „Lieblinge“ (gegen Trägheit) lassen schnörkellos die Keule kreisen, während „Verwesung“ (gegen die Eintönigkeit des Seins) oder das hymnische „Antifa“ (für die Einigkeit der Antifaschisten) im gedrosselten Drehzahlbereich Stimmung machen. Die geistigen Brandstifter von AfD und Pegida müssen nicht einmal namentlich genannt werden, dafür genügt bereits das treibende „Deja Vu“. Auch das mitreißend gegen rechte Verschwörungstheoretiker wetternde „Wahrheit“ schlägt in diese Kerbe, so dass der ohnehin stattliche Hit-Fundus der unerschütterlichen Deutsch-Punks um neue Höhepunkte bereichert wird. Mit „Trübsal“ knüpfen die Sindelfinger in Wort, Stimme und (Sinn-)Bild zudem an makabre Stücke der „Uuaarrgh!“-Ära an.

Die Spielfreude treibt mit dem bereits erwähnten „Apocalypso“ treffliche Blüten, bei dem zu karibischen Rhythmen die Ursachen für die gegenwärtige Flüchtlingswelle – und deren Folgen – behandelt werden. Doch so düster die Prognose auch ausfällt, mit AyAyAy-Chören und Percussions kommt man am Mittanzen kaum vorbei. Ein wenig aus dem Rahmen fällt „Bierboot“, das mit Rock und Metal kokettiert und versucht, Bierknappheit mit Bootsflüchtlingen zu kombinieren. Stirnrunzeln inklusive. Ein wenig am Ziel vorbei schießt auch „Chaostage 94“. WIZO und das Klammern an die Vergangenheit? Dies Schema passt aktuell eher in den Bereich des Deutsch-Rock. Gut ins Ohr geht die Nummer trotzdem. Überhaupt bietet „DER“ wenig Angriffsfläche für Kritik. Denn Punk bleibt wichtig und hierzulande gibt es kaum eine Band, die Unterhaltung und Botschaft derart packend kombiniert. DER… äh Das kann was!

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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