Ihr seid wir. Vielleicht ist er aber auch sie. Oder bin ich möglicherweise es? Das klingt kompliziert. Dabei streben WHILE SHE SLEEPS doch die unbedingte Reduktion der Distanz zwischen Künstler und Publikum an. Das verdeutlicht bereits der Titel ihres neuen Werkes: „You Are We“. Dies Credo schreit Lawrence Taylor im eröffnenden Titeltrack inbrünstig heraus und zielt darauf ab, den Hörer vor sozialen/politischen Entfremdungstendenzen (als eine Ausprägung darf der Brexit herangezogen werden) zu bewahren. Die Botschaft kann man naiv finden, doch vertreten die Briten die Kernaussage ihres Werkes mit respektabler Vehemenz.
Dazwischen bleibt jedoch ausreichend Zeit für kritische Texte. Das sorgt dafür, dass der Bogen der besungenen Einigkeit – wie etwa bei „Feel“ – nicht allzu sehr überspannt wird. Musikalisch geht es vielseitig zu: Metal-Hardcore, nicht selten mit Übervorteilung der erstgenannten Komponente, trifft unterschwellig progressiv gefärbten Rock und Alternative. Nicht einmal vor kurzen Ausflügen Richtung Nu Metal scheut diese moderne Crossover-Variante zurück (u. a. bei „Steal the Sun“). Dabei erinnert der dritte Langspieler des Quintetts streckenweise an eine Kollision von KVELERTAK und SIGHTS & SOUNDS, während an anderer Stelle BRING ME THE HORIZON durchblicken.
So taumelt die Platte zwischen melodischer Anmut und derbem Wüterich, schielt mit Stadion-Chören aufs Massenpublikum und wahrt durch pralle Schlachtrösser wie „In Another Now“ doch die nötige Bodenhaftung. Das geschickt verwobene Wechselspiel von hart und zart bringen allen voran „Hurricane“ und „Silence Speaks“ zum Ausdruck, bei dem BRING ME THE HORIZON-Frontmann Oli Sykes stimmliche Unterstützung leistet. Würde „You Are We“ im Mittelteil nicht etwas verflachen, WHILE SHE SLEEPS würden am Jahresende wohl auf einigen Bestenlisten im vorderen Segment zu finden sein. Ein (weitgehend) spannendes und äußerst abwechslungsreiches Werk ist den Jungs aus Sheffield dennoch ohne Wenn und Aber gelungen.
Wertung: (8 / 10)