Das schlechte Gewissen des US-Films ist zurück und widmet sich wieder einmal seinem Lieblingsthema, der perspektivlosen Jugend seiner Heimat. Nachdem „Ken Park“ die mit „Kids“ begonne Marschrichtung nochmals in allen Belangen zu toppen wusste, lässt es der kontroverse Filmemacher Larry Clark mit „Wassup Rockers“ etwas gemächlicher angehen. Zwar steht auch hier der tagtäglich am Abgrund stehende Lebensweg junger Menschen im Mittelpunkt, doch weder exzessiver Drogenkonsum wie in „Kids“, noch der völlig ungenierte Umgang mit Sex („Ken Park“) wird hier auf die Art und Weise thematisiert, wie man es an anderer Stelle von Clark gewohnt war.
Diesmal trifft es die lateinamerikanische Jugend aus South Central L.A., die sich gegen ihre Mitbürger behaupten muss. Die Clique um Jonathan (Jonathan Velasquez) hat vor allem zwei Hobbys, etwas anderes interessiert die Gruppe der 14-/15-jährigen nicht. Skaten und Punkrock bestimmen das Leben der Schüler, die aus diesem Grund den täglichen Anfeindungen ihrer afroamerikanischen Mitschüler ausgesetzt sind und nur „Wassup Rockers“ genannt werden, wegen ihrer engen Kleidung und dem unüblichen Musikgeschmack. Eines Tages begeben sich die sieben Freunde mit ihren Boards nach Beverly Hills, um dort zu skaten. Doch von dem Trip kehren nicht alle wieder zurück.
Larry Clark vermeidet es bewusst, eine stringent verlaufende Geschichte zu erzählen, sein Film stellt vielmehr einen Tag im Leben einiger Jugendlichen dar. Er verzichtet diesmal allerdings darauf, gewollt zu schockieren und zu provozieren, sei es durch Sex oder Drogen. Zwar wird auch hier Sex thematisiert, dieser steht allerdings nicht so dermaßen im Vordergrund wie in anderen Werken des Filmemachers. Die Verwirklichung und Daseinsberechtigung der Protagonisten findet hier auf künstlerischer Ebene statt, nicht auf körperlicher.
Der Regisseur vermag wieder einmal die Perspektivlosigkeit der Jugend einzufangen, die – ob sie es wollen oder nicht – im Leben nie eine Chance haben werden. Clark setzt abermals auf Laiendarsteller, die den Film authentisch erscheinen lassen und auch die für Clark typische Bildsprache ist fester Bestandteil von „Wassup Rockers“. Die Bilder werden von rauem Punk-Rock untermalt, was zum einen die Situation der Figuren gut widerspiegelt und auch zu den zahlreichen Skate-Szenen passt.
Zu Beginn lebt der Film noch vom täglichen Umgang der verschiedenen Kulturen in South Central. Ein auf offener Straße erschossener Latino gehört am Anfang dazu, spielt für den weiteren Verlauf des Films jedoch keine Rolle. Clark bleibt jegliche Auflösung darüber schuldig. Als sich die Gruppe jedoch aus ihrer Umgebung nach Beverly Hills begibt, dreht Clark langsam auf und präsentiert seine Form der Gesellschaftskritik. Inmitten der Reichen und Schönen werden sie wie Kunstfiguren gehandelt, inmitten des irrealen wie aufgesetzten Glamours sind sie jedoch die einzig authentischen in Clarks Film.
In diesen Szenen weiß „Wassup Rockers“ seine Stärke vollends auszuspielen, der Besuch einer avantgardistischen Künstler-Party oder aber das tragisch endende überqueren des Grundstücks eines Schauspielers, der ohne Gefühlsregung einen der Jungen von hinten erschießt und dies mit Hilfe der Polizei ohne Probleme vertuschen kann, offenbart die Intention von Clark. Es gibt keinen Ausweg aus dem Nichts. Auch „Wassup Rockers“ ist kein allzu positiver Film, im Gegensatz zu seinen anderen Werken aber definitiv leichter zu verdauen. Zugunsten einer deprimierenden Grundstimmung verzichtet Clark auf die große Provokation, die er sonst so liebt. Sicherlich einer seiner besten Filme.
Wertung: (7 / 10)