Die Christen kommen! Am Ende des ersten Jahrtausends sind sie es, die die Welt mit heiligem Krieg überziehen. Soldaten verteidigen Gottes Königreich und bekehren die Heiden bevorzugt mit Gewalt. Auch im Land der Nordmänner, wo der stumme, sichtlich gezeichnete Kämpfer Einauge (Mads Mikkelsen, „Adams Äpfel“) ein Leben als Sklave fristet. Seinem Herrn bringt er durch brutale Schaukämpfe im Schlammbad Geld ein und wird nach jedem Sieg gleich wieder in Ketten gelegt. Seine Gegner tötet er ohne Gnade, mit der Wildheit eines Tieres. Mancher sagt, er würde direkt aus der Hölle stammen.
Die nahenden Christen, die im Gegensatz zu den Nordmännern nur zu einem Gott beten und das Fleisch ihres Erlösers essen sowie dessen Blut trinken, erfordern die Mobilisierung sämtlicher Kampfkraft. Also wird Einauge, als unberechenbarer Gefahrquell natürlich gefesselt, mit den Kriegern des Clans ausgesandt. Doch er kann sich befreien und merzt erst seine Begleiter und schließlich den Herrn ohne Reue aus. Nur den Jungen (Maarten Stevenson) lässt er am Leben. Er wird zu seinem Sprachrohr, als sie auf eine Gruppe christlicher Söldner treffen.
Einauges Ruf eilt ihm voraus und so bewegen ihn die Männer aus Furcht, sie auf ihrer Reise zu begleiten. Das Ziel ist Jerusalem, das heilige Land, dessen Rückeroberung Ruhm und Reichtum verspricht. Gottvertrauen allein bringt die Männer allerdings nicht vorwärts. Und so verfährt sich die Glaubensgemeinschaft und landet an fremden (amerikanischen) Ufern, wo die Präsenz wilder Eingeborener den Plan weckt, das Land im Namen des heiligen Geistes zu beanspruchen. Vorher muss aber erst die Vision wiedererlangt werden, wofür sich in religiöser Eintracht dem Drogenrausch hingegeben wird. Doch Antworten gibt es keine. Ebenso wenig wie einen Ausweg.
Zu progressiven Rockklängen wagt Nicolas Winding Refn („Bronson“) einen hypnotischen, oft improvisiert wirkenden Blick in die Abgründe religiösen Fanatismus. Einauge wird dabei zum Sinnbild von Erlöser und Teufel, was seine Figur großem Deutungsspielraum aussetzt. Mads Mikkelsen verkörpert den sprach- wie emotionslosen Schlächter mit erstaunlicher Tiefe und schafft allein mit Blicken einen komplexen Charakter. Das unkonventionelle, bestechend gefilmte Mysterium hat mit gängigen Formeln des Unterhaltungskinos nichts gemein und dürfte nichtsahnende Zuschauer mehr verstören als faszinieren. Ein rohes, dreckiges und blutiges Ausnahmewerk.
Wertung: (7,5 / 10)