W. (USA/GB/AUS/D/HK 2008)

wstoneDer Wandel ist eingeläutet, Barack Obama als erster Afroamerikaner zum Präsidenten der USA gewählt worden. Das war am 4. November 2008, am Ende eines historischen Wahlkampfes. „Yes we can“ lautete das Credo des Demokraten, dessen Vision vom geheilten Amerika jedoch am innen- wie außenpolitischen Scherbenhaufen scheitern könnte, den Vorgänger George W. Bush hinterlassen hat. Von der Finanzkrise ganz zu schweigen. Bush schied als unbeliebtestes Staatsoberhaupt in der Geschichte Amerikas aus dem Amt und schlug damit selbst Richard Nixon. Eine irgendwie bemerkenswerte und doch geradewegs beschämende „Leistung“.

Eine erste Abrechnung mit den zwei Legislaturperioden des Texaners, der wohl nur aufgrund seiner zahlreichen medialen Fauxpas in positiver Erinnerung verbleiben dürfte, liefert Oliver Stone („Platoon“, „JFK“), der seine ironische Biographie „W.“ pünktlich zu Bushs Abschied in die US-Kinos brachte. Stone gilt als Enfant Terrible Hollywoods, als Querdenker, dessen Filme gern für Kontroversen und politischen Zündstoff sorgen. Dahingehend jedoch enttäuscht seine unter enormem Zeitdruck entstandene Charakterstudie. „To beat around the bush“ sagt der englischsprachige Volksmund zum Drumherumreden. Genau das tut Stone, buchstäblich.

Nur selten verfügt „W.“ über den entlarvenden Biss oder die schonungslose Direktheit früherer Filme des Regisseurs. Lediglich in einer Sequenz gelingt es Stone, diese schockierende Bitterkeit zu beschwören, nämlich wenn Bush mit Gattin Laura entstellte Soldaten am Krankenbett besucht. Sie, die ihr Leben im Irak für seinen scheinheiligen Kreuzzug riskierten, werden mit schalen Scherzen und T-Shirts abgespeist. Ansonsten aber scheint das ungeachtet des unterschwelligen Humors recht konventionell geratene Biopic geradewegs versucht zu sein, Sympathie für das gescheiterte Staatsoberhaupt aufbringen zu wollen.

Das liegt auch an der Besetzung. Josh Brolin („No Country for Old Men“) verkörpert den viel gescholtenen Antisouverän mit feinem Gespür für dessen Gestik und trifft im englischen Original auch den Ton Bushs verblüffend sicher. Ihm zur Seite steht eine Vielzahl prominenter Darsteller, darunter Toby Jones („Frost/Nixon“) als Quasi-Mentor Karl Rove, Richard Dreyfuss („Silver City“) als Vizepräsident Dick Cheney, James Cromwell („Die Queen“) als George Bush Senior oder Elizabeth Banks („Vorbilder?!“) als Laura Bush. Das Ensemble leistet auf dem Parkett der großen Politik tadellose Arbeit. Nur begnügt sich der Film mit einer weitgehend bekannten Faktensammlung.

Bei aller Angriffsfläche für Kritik ist der tragikomische Näherungsversuch an den erst frenetisch bejubelten und schließlich zunehmend verhassten Präsidenten verdammt unterhaltsam geraten. Wenn er auch auf einer recht oberflächlichen Ebene der Betrachtung verbleibt. Im Erzählmosaik aus filmischer Gegenwart und Vergangenheit, bei der die Anschläge vom 11. September 2001 kategorisch ausgespart bleiben, setzt sich so ein Bild zusammen, dass die Motivation des schier religiös fanatisierten Ex-Alkoholikers im Streben nach Respekt und Anerkennung nachvollziehbar macht. Nur kann sie nicht der Erklärung dienen. Vor allem nicht dafür, wie es Bush tatsächlich gelungen ist, volle acht Jahre im Amt zu bleiben.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

scroll to top