Ein Aufstand alter Männer und der nüchterne Showdown im Gerichtssaal: Zum Abschluss der Millennium-Trilogie ruft Daniel Alfredson die Klasse ab, die der bereits von ihm gedrehte Mittelteil „Verdammnis“ phasenweise noch vermissen ließ. Die Verfilmungen von Stieg Larssons Romanreihe sind in Europa ähnlich erfolgreich wie die Bücher – und verdichten sich in „Vergebung“ mit nordischer Gelassenheit zu einem komplexen Epos um Schuld und Sühne. Mehr als bei Larsson avancierte die spröde Anti-Heldin Lisbeth Salander (Noomi Rapace) zur Schlüsselfigur. Sie ist der faszinierende Kern einer Geschichte, deren politische Wurzeln ein verschwörerisches Komplott befeuern, bei dem selbst vor Mord nicht zurückgeschreckt wird.
Das Opfer ist Alexander Zalatschenko, übergelaufener russischer Geheimagent und Lisbeths verhasster Vater. Nach dem gewaltsamen Aufeinanderprallen am Ende von „Verdammnis“ liegen beide schwer verletzt im Krankenhaus. Ein konspirativer Bund innerhalb der schwedischen Sicherheitspolizei, der Zalatschenko seit Jahrzehnten schützt, will das Risiko der Enttarnung (auch bei zunehmenden körperlichen Gebrechen) nicht hinnehmen und sendet einen todkranken Rentner aus, den unliebsamen Zeugen zu beseitigen. Zugleich soll auch Lisbeth sterben, immerhin könnte der gegen sie anstehende Prozess unbequeme Wahrheiten ans Licht bringen und den Geheimbund enttarnen. Doch daran arbeitet Journalist Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) bereits mit Nachdruck.
Dessen Schwester steht Lisbeth als Anwältin zur Seite, während Mikael selbst eine Sonderkommission der Polizei bei der Überführung der Hintermänner unterstützt. Eine Sonderausgabe des Millennium soll Lisbeth zum Prozessauftakt Luft verschaffen. Ihre Gegner aber versuchen die Publikation mit Einschüchterungen – insbesondere gegen Chefredakteurin Erika Berger (Lena Endre) – zu verhindern und sie über ein gefälschtes psychiatrisches Gutachten dauerhaft wegsperren zu können. Neben dem Gerichtssaal, den Lisbeth mit Irokesenschnitt und provokantem Punk-Look in Aufruhr versetzt, verlagert sich das Geschehen auf diverse Nebenhandlungen, die der Vorlage trotz Kürzungen (insbesondere bei Erika) in ihrer Komplexität gerecht werden.
Darstellerisch dominiert wiederum Noomi Rapace das Geschehen und verleiht ihrer Lisbeth eine nuancierte Maske zwischen Verwundbarkeit und Angriffslust. Doch auch der Nebencast überzeugt, was neben Anders Ahlborn als schmierigen Psychiater Teleborian diesmal auch auf Mikael Spreitz als Lisbeths psychopathischen Halbbruder Niedermann zutrifft. Mit kaltblütiger Gelassenheit entzieht sich der schmerzunempfindliche Hüne der Verhaftung und steht in der Beiläufigkeit, mit der seine Taten in die Erzählung integriert werden, für die inszenatorische Zurückhaltung. Alfredson führt den zwar langatmigen und von rüstigen Rentnern in Schurkenrollen gesäumten, fraglos aber konstant spannenden und packenden Thriller zu einem unspektakulären und dramaturgisch angenehm zurückhaltenden Finale. Die zwangsläufige Hollywood-Neuverfilmung wird dem kaum Gewinnbringendes hinzufügen können.
Wertung: (7,5 / 10)