Nach „Verblendung“ folgt „Verdammnis“. In ihrer literarischen Ursprungsform ist Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie ein Sensationserfolg und auch die erste Kinoadaption (die unabdingbare Hollywood-Version befindet sich in der Vorbereitungsphase) fand in Europa breiten Anklang. Kenner der komplexen Vorlage zeigten sich, sofern sie die Filmversion nicht kategorisch verteufelten, zufrieden, dampfte Niels Arden Oplev den Roman doch visuell bestechend auf seine essentiellen Wesenszüge ein. Beim Nachfolger besorgte dies Daniel Alfredson („Die Totenglocke“) – mit bedauerlicherweise durchwachsener Wirkung.
Vor allem optisch wirkt „Verdammnis“ oft uninspiriert und einfallslos, wie eine beliebige Fernsehproduktion. Die den Zuschauer förmlich absorbierende Atmosphäre des Erstlings geht somit verloren und mit ihr auch unweigerlich ein Teil der Faszination. Dass der fürs Kino weitgehend entwirrte Thriller dennoch funktioniert, verdankt Alfredson den Darstellern. Michael Nyqvist gibt den aufrechten Journalisten Mikael Blomkvist wiederum konzentriert und einnehmend. Die Degradierung zur Nebenfigur erfolgt durch Lisbeth Salander (Noomi Rapace), jener unberechenbaren Hackerin, die um jeden Preis provozieren und anecken will.
Ihre Figur leistet als psychisch abgewrackte und dennoch unerhört toughe Rebellin einen beträchtlichen Beitrag zur Erfolgsgeschichte des Stoffes. Dass sie und ihre Familiengeschichte im zweiten Film in den Mittelpunkt streben, scheint entsprechend wohl kalkuliert. Ins Visier der Polizei gerät sie aufgrund erdrückender Beweise, die sie des dreifachen Mordes verdächtig machen. Lisbeth taucht unter, wie gewohnt, während ihr Mikael ohne Zögern beisteht. Zwei der Opfer befassten sich mit Menschenhandel und planten ihre Enthüllungen über Mikaels Zeitung publik zu machen. Der dritte Tote ist Lisbeths staatlicher Vormund, gegen den sie Videobeweise des sexuellen Missbrauchs versteckt hält.
Zusammen laufen die Fäden über einen Mann namens Zalachenko (Georgi Staykov), einen russischen Ex-Agenten, der in Lisbeths Vergangenheit eine besondere Rolle spielt. Was im Buch nie überkonstruiert oder übertrieben scheint, wirkt plötzlich aufgesetzt und unglaubwürdig. Sei es nun die Figur des schmerzunempfindlichen blonden Hünen Niedermann (Micke Spreitz) oder das Versäumnis der relativ spannungsfrei abgespulten Klimax, der Mittelteil der „Millennium“-Trilogie ist sehenswert, bleibt hinter „Verblendung“ jedoch deutlich zurück.
Wertung: (7 / 10)