V/A – Punk Christmas (1995, Nasty Vinyl)

Weihnachten einmal anders. Mit Gegröle, Unflat und akuter Besinnlichkeitsverweigerung. Dabei beginnt der Sampler „Punk Christmas“ doch überaus klassisch (und besinnlich), nämlich mit „Stille Nacht“. Allerdings ist die Version von THE BOYS, die ihr „Christmas Album“ 1980 in verdrehter Buchstabenreihung als THE YOBS herausbrachten, eine Ausnahme. Einerseits durch den akzentreich schrägen deutschen Gesang der Briten und andererseits durch die relative Cover-Abstinenz. Ergo bilden thematisch weihnachtlich geprägte Eigenkompositionen die Zusammenstellung.

Die hat mit den TOTEN HOSEN prominentes Beiwerk zu bieten, dessen „Knecht Ruprechts letzte Fahrt“ auf das Jahr 1983 zurückgeht. Damals trugen die Düsseldorfer Charts-Dauergäste das Prädikat „Punk“ noch zurecht. Doch sind sie beileibe nicht die einzigen vertretenen Szenegrößen. Denn mit den gleich zweifach aufgeführten HASS, deren „Fresst Scheiße“ den einzigen unveröffentlichten Beitrag markiert, den seinerzeit aufgelösten MOLOTOW SODA („Schrille Nacht“), den ebenfalls Englisch singenden NORMAHL („Merry Jingle“), MÜLLSTATION („Fröhliche Weihnacht überall“) oder EISENPIMMEL sind weitere populäre Qualitäts-Combos vertreten. Dabei fällt spätestens beim Blick ins Booklet auf, mit welcher Akribie teils längst vergriffene Weihnachts-EPs und -Sonderveröffentlichungen für die Kompilation durchforstet wurden.

Den Provokantesten Titel servieren die erwähnten HASS mit „Der Nikolaus ist Stasi, Knecht Ruprecht die SS“. Ein starker Beitrag, dessen Vergleiche allerdings dezent hinken. Das wiederum schlägt die Brücke zum kuriosesten Titel: „Mit leichtem Hinken sodomiert der Weihnachtsmann“ (HANS AM FELSEN). Doch auch EISENPIMMEL schöpfen mit „Dicke Eier Weihnachtsfeier“ aus den Vollen des gröligen Asi-Punks. Auf festliches Orgeladditiv setzen N.O.E. – die auch mit den Zweitbeitrag „Kein Fest der Liebe“ beisteuern – bei „Hirntod unterm Lichterbaum“ (beide Tracks wurden exklusiv für die Zusammenstellung eingespielt), während KELLOX bei ihrem Rezeptvorschlag „Gans oder gar nicht“ den Ska Einzug halten lassen.

Textliche Neuinterpretationen klassischer Festtags-Lieder gibt es derweil noch von DEUTSCHE TRINKER JUGEND („Knecht Ruprecht“), KUSCHELWEICH („Tief in der Nacht“), MADMANS („Endlich ist Weihnacht“), WONDERPRICK („Dona Nois Pacem“) und DIE PERVERSEN WEIHNACHTSMÄNNER („Alle Jahre wieder“). Bei 18 Songs setzt es fraglos genug Anti-Festtagsbeschallung für die ganze Familie. Oder, wie es BÄD FROX in „Der Baum brennt“ ausdrücken: „Die Oma aus dem Altersheim einmal im Jahr gesehen, sie lässt die Monatsrente hier, jetzt kann sie wieder gehen.“ In diesem Sinne: Schöne Feiertage! 

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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