„Underworld“, das Regiedebüt von Len Wiseman, wurde für bescheidene 25 Millionen Dollar in Osteuropa produziert. Das düstere B-Movie um den Jahrhunderte währenden Krieg zwischen Werwölfen und Vampiren wurde ein Erfolg, nicht zuletzt wegen Hauptdarstellerin Kate Beckinsale („Van Helsing“). Eine Fortsetzung war von Beginn an Teil des Gesamtkonzeptes, das Finale des Originals Türsteher seines Sequels. In diesem muss sich Vampir-Kriegerin Selene (Beckinsale) mit Mischwesen Michael (Scott Speedman, „Dark Blue“) der Attacken des wiedererwachten Blutsaugerfürsten Marcus (Tony Curran, „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“) erwehren. Er ist der Ursprung, Schlüssel zur Wahrheit über die Fehde der Spezies. Genährt durch das Blut eines Werwolfs ist Marcus zu einer übermächtigen Kreatur mutiert, die auf der Suche nach ihrem eingekerkerten Bruder, Ur-Werwolf William, zur Gefahr für die gesamte Menschheit wird.
„Underworld: Evolution“ ist der Showdown seines Vorgängers. Die Geschichte ist simpel, durch konstruierte Ausschmückungen mitunter aber konfus geraten. In der Figur des Alexander Corvinus (Derek Jacobi, „Gosford Park“), Vater von Marcus und William, werden Vergangenheit und Quell der Flüche ausgewalzt, oftmals unnötig. Im Vordergrund steht weiterhin die Action – und die hat es ungeachtet irrelevanter verbaler Durststrecken in sich. Ohne Rücksicht auf die großzügig gelegte Altersfreigabe ab 16 werden Körper geschunden und Blut verspritzt. In der einleitenden Rückblende, bei der auch das im ersten Teil getötete Vampiroberhaupt Viktor (Bill Nighy, „Shaun of the Dead“) eine gewichtige Rolle spielt, kommt es zu einem heftigen Scharmützel zwischen Blutsaugern und Werwölfen. An Gewalt spart Len Wiseman ebenso wenig wie an engen Latexoutfits für seine Frau, Hauptdarstellerin Kate Beckinsale. Deren Tochter Lily Mo Sheen leiht der jungen Selene in den Kindheitserinnerungen ihr Gesicht.
Das Budget hat sich sichtbar erhöht. Die Kamera erlaubt spektakulärere Einstellungen und Bildmontagen, die zunehmende Zahl der Computereffekte die endgültige Übervorteilung der Actionsequenzen. „Underworld: Evolution“ ist die comichafte Verknüpfung von Action- und Horrorfilm. Gute Schauspieler füllen charakterliche Schemen mit erforderlicher Ausdruckskraft, düstere Sets und wenig zimperliche Kampfhandlungen lassen wohlwollend über Vorhersehbarkeiten und kleinere Mängel hinwegsehen. Die Intriganten des Erstlings, sofern nicht bereits dort beseitigt, werden gleich zu Beginn in rasendem Tempo aus der Handlung gemeuchelt, beiden Filmen damit ein Stück Zusammenhang geraubt. Der Versuch einer komplexeren Erzählstruktur scheitert am zu durchschaubaren Plot. Trotzdem findet die Saga in „Evolution“ eine würdige Fortführung. Die Macher setzen auf hohes Tempo und Kurzweil, halten sich nicht lange an hinderlichen Charakterzeichnungen auf.
Besonders deutlich wird das am Beispiel von Scott Speedman, dessen Mensch-Vampir-Werwolf im sich überschlagenden Darwinismus zum Prügelknaben degradiert wird. Seine Kräfte steigen, die Bedeutung seiner Rolle schwindet. Neue Spezies sprießen wie Pilze aus dem Boden, die während des Beischlafs mit ihrem Geliebten Michael auf Selenes Bauchdecke gerichtete Kamera lässt weitere Entwicklungen bereits erahnen. Hoffnung auf Verhütung besteht nicht, ein dritter Teil wird in unbestimmter Zukunft wohl auch noch produziert werden. „Underworld: Evolution“ wird die Fangemeinde des Vorgängers nicht verprellen. Allen anderen sei gesagt, dass die Kenntnis des ersten Teils aus Verständnisgründen vorteilhaft erscheint. Der moderne Fantasyfilm ist düster, aufgestylt und folgt einer eigenen Gesetzmäßigkeit inhaltlichen Minimalismus. Der Clash zwischen Vampiren und Werwölfen bildet da auch in zweiter Instanz keine Ausnahme. Die Zielgruppe darf sich wohlbehütet fühlen.
Wertung: (6 / 10)