True Grit (USA 2010)

true-gritAls einäugiger Marshall Rooster Cogburn ritt John Wayne 1969 mit einem vorlauten Mädchen durch die Lande, um den Mörder ihres Vaters zur Strecke zu bringen. „True Grit“ (deutscher Titel: „Der Marshall“), die Verfilmung des erst ein Jahr zuvor veröffentlichten Romans von Charles Portis, brachte Wayne, der sein Macho-Image selbstironisch variierte, seinen einzigen Oscar ein. Mehr als vier Jahrzehnte später haben sich die Coen-Brüder („Barton Fink“) dem Stoff angenommen und ernteten prompt 10 Oscar-Nominierungen. Eine davon ging an Hauptdarsteller Jeff Bridges („The Big Lebowski“), dessen Interpretation des Rooster Cogburn eine der furiosesten Performances der letzten Jahre markiert.

Nicht allein durch ihn wiederlegen Joel und Ethan Coen das klassisch klischeehafte Bildnis des ehrenwerten Revolverhelden. Pate dieser realitätsbetonten Darstellung ist Clint Eastwoods „Erbarmungslos“, der die Mythen des Westerns, Hollywoods einst so ruhmreichem Genre, meisterlich entzauberte. In ähnlicher Manier gelingt dies auch den Coens, was vor allem im direkten Vergleich zur Erstverfilmung auffällt. Wo John Wayne durch grüne Landschaften ritt und dem Gegner mit gewohnter Treffsicherheit die Stirn bot, ist Bridges‘ Cogburn ein aufgeschwemmter Säufer, der seinen Gegnern in zerklüftetem Winterpanorama ohne Zögern eine Kugel in den Rücken jagt. Gewalt ist sein Gesetz, der Colt sein Sprachrohr.

Dieser archaischen Form der Kommunikation tritt die 14-jährige Mattie Ross (ein großartiges Kinodebüt: Hailee Steinfeld) mit Eloquenz, spitzer Zunge und enormer Willenskraft entgegen. Als ihr Vater von Verbrecher Tom Chaney (Josh Brolin, „No Country for Old Men“) erschossen wird und unbehelligt ins nahe Indianerreservat flüchtet, will sie das Gesetz nach eigener Vorstellung durchsetzen. Wie wenig ihrem Willen entgegenzusetzen ist, zeigt sich bei einem Händler, dem sie unter Androhung gerichtlicher Schritte ein beträchtliches Sümmchen für getätigte Geschäfte mit dem ermordeten Vater entlockt. Für Rooster Cogburn, dem sie sich erstmals durch eine verschlossene Latrinentür offenbart, braucht es kaum mehr Verhandlungsgeschick.

Dritter im Bunde ist der geschwätzige Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon, „Der Informant“), der Chaney wegen des auf ihn ausgesetzten Kopfgeldes dingfest machen will. Doch so viele Worte der unverständlich dauerplappernde Marshall und der blasierte Ranger auch absondern, gegen Matties vorlaute Wortgewandtheit können beide Männer nicht bestehen. Obwohl die abenteuerliche Reise des Trios von humorigen Untertönen und einem grotesken Schießduell zwischen LaBoeuf und dem sturzbesoffenen Cogburn geprägt ist, verliert das Drama, das Coen-Stammkameramann Roger Deakins („Fargo“) in eindrucksvoll triste Bilder kleidet, nie an Wucht. „True Grit“ ist ein brillanter Western-Abgesang, lakonisch, schroff und überragend gespielt. Nicht weniger als ein Meisterwerk.

Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

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