Tödliche Entscheidung – Before the Devil Knows You’re Dead (USA 2007)

before-the-devil-knows-youre-deadEin einfacher Plan. Niemand wird verletzt, alle gewinnen. Aus Andys Mund klingt es simpel. Doch das ist es nicht. Denn es geht um einen Überfall, den Wert der Beute und die Versicherung, die den Bestohlenen den erlittenen Schaden ersetzen soll. Alle gewinnen. Für die Ausführung des Raubes heuert Andy seinen Bruder Hank an. Der ist geschieden, kann den Unterhaltszahlungen nicht nachkommen und ist sowieso chronisch blank. Natürlich macht er mit. Selbst als er erfährt, dass das zu überfallende Juweliergeschäft das ihrer Eltern ist. Der Plan läuft völlig aus dem Ruder. Am Ende gibt es Tote. Und das ist erst der Anfang.

„Tödliche Entscheidung – Before the Devil Knows You’re Dead“ ist ein Film, der auch dem Geist der Gebrüder Coen hätte entspringen können. Er ist wie „Fargo“, wie „No Country for Old Men“. Mit der gleichen zerstörerischen Entwicklung, die aus der rücksichtslosen Bereicherung einzelner resultiert, mit der gleichen Lakonie der Erzählung. Nur der Humor fehlt. Er wäre auch deplatziert in Sidney Lumets („Network“) bitterem Spätwerk, mit dem der mittlerweile 83-Jährige, 2005 mit dem Oscar für sein Lebenswerk geehrt, Hollywood aufs Glatteis führt. Wo Kino immer schneller, lauter und teurer wird, schafft er eine Insel des Anspruchs, des Unbequemen, des Melodramatischen. Mit tiefschürfender Wirkung.

Andy, bravourös gespielt von Philip Seymour Hoffman („Capote“), ist ein geachteter Buchhalter. Doch die Fassade, hinter der sich ein Finanz- und schlimmer noch Drogenproblem abzeichnen, täuscht. Auch die seiner Ehe mit der schönen Gina (Marisa Tomei, „In the Bedroom“), die nebenbei ein Verhältnis zu Hank pflegt. Der, nicht minder stark verkörpert von Ethan Hawke („Training Day“), bringt aus Angst einen weiteren Komplizen ins Spiel. Der tötet bei dem Überfall die Mutter der Brüder, die doch eigentlich nicht mehr im eigenen Geschäft arbeiten sollte. Vater Charles (Albert Finney, „Big Fish“) kennt bald nur noch ein Ziel: Rache.

Lumet springt in den Zeiten und zirkuliert so erst um den Tathergang und später dessen Folgen. In wiederkehrenden Szenarien, lediglich erzählt aus anderer Perspektive, folgt er den Protagonisten auf ihrem unaufhaltsamen Weg ins Verderben. Das Verbrechen lässt sich nicht vertuschen. Selbst der trauernde Witwer schöpft bald Verdacht. Gegen Ende werden die Aktionen der Drahtzieher, ihr Sträuben gegen das unvermeidliche Scheitern immer unberechenbarer, affektiver, brutaler. Ein angenehmer Film erwächst daraus nicht. Aber ein intensives wie gleichsam bitterböses Thriller-Drama, dessen präzise Charakterzeichnungen dem Ensemble Höchstleistungen abverlangen. Nicht einfach, aber einfach hervorragend.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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