Thief – Someday You Will Pay (D 2017)

„Ich raff‘ den ganzen Scheiß nicht.“ – Mario

Der Amateurfilm ist eine Wundertüte, bei der man selten weiß, was man bekommt. Als der leichtere Weg erweist sich überzogener Trash, fügt er sich doch meist besser ins überschaubar professionelle Produktionsumfeld. Umso größer erscheint die Herausforderung, in diesem Metier ernste Geschichten zu erzählen. Mit „Thief – Someday You Will Pay“ geht Moritz Hellfritzsch („Punk in Bonn“) das Wagnis ein und präsentiert einen angenehm reduzierten Mystery-Thriller, der sich konventionellen Mustern weitgehend verschließt.

Das rund 62-minütige Werk beginnt unheilvoll, mit bedrohlich waberndem Sound, Ausschnitten eines Gesichts – und einer durchtrennten Kehle. Das weckt Erwartungen, die Regisseur, Autor, Produzent und Cutter Hellfritzsch aber partout nicht bedienen will. Also erfolgt die narrative Entschleunigung. Denn das Ganze ist nur ein Alptraum, aus dem der arbeitslose Mario (Yannik Hehlgans) in seiner schäbigen Single-Butze hochschreckt. Es ist der Startschuss für eine Reihe (zunächst) unerklärlicher Begebenheiten: Erst bleiben die frisch gewaschenen Boxershorts unauffindbar, danach das Feuerzeug. Als auch sein Fernseher spurlos verschwindet, konsultiert Mario die Polizei. Doch es gibt keine Hinweise auf einen Einbruch.

Freundin Nadine (Judith Ponwitz), bei der fraglich erscheint, warum sie nicht mehr Zeit in ihrer deutlich vorzeigbareren Behausung zubringt, ist auch keine Hilfe. Ihr schwant vielmehr, dass der gescholtene Mario ihr etwas verheimlicht. Seine Vergangenheit etwa. Oder die Eignungsbescheinigung seines Raumausstatters. Irgendwann ist auch das Bett weg. Also muss ein Privatdetektiv (Nemo Flagranti) her, dessen Schicksal das Eingreifen von Parapsychologe Dr. Justus Preuß (Sebastian Badenberg) erfordert. Der stößt rasch auf eine geisterhafte Frau mit Brandnarben, über die Mario mehr weiß, als er zunächst vorgibt.

Statt herkömmlicher Effekthascherei setzt Hellfritzsch auf die Auslotung des Mystery-Anteils. Das funktioniert mit Marios sich wiederholenden Alptraum-Szenarien, bedächtig zugespitztem Gefahrpotential und Preuß‘ in Marios Vergangenheit führende Spurensuche ordentlich, lebt in der Hauptsache aber vom grundlegend überzeugenden Spiel Yannik Hehlgans‘. Der Rest der Besetzung kann da nicht mithalten, so dass die Dialoge in Text und Darbietung häufig an Scripted-Reality-Formate einschlägiger TV-Privatsender erinnern. Am Sympathiewert des Streifens rüttelt das nicht im Geringsten.

Der wird aber vor allem durch den Verzicht auf die klassische Konfrontation der rachsüchtigen Spukgestalt genährt. Schuld daran trägt der konstant unaufgeregte Preuß, der sich entgegen heroischer Hollywood-Formeln der Vernunft unterwirft und den geplagten Mario seinem Schicksal überlässt. Die Moral der für Freunde des unfertigen Films zweifelsfrei sehenswerten No-Budget-Produktion wird dazu im Abspann-Song gereicht: „You should never rob a witch.“  Das darf durchaus als Lebensweisheit verstanden werden.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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