Mit starken Frauen hatte Ridley Scott bereits Erfahrungen gemacht, bevor er der toughen weiblichen Seite 1991 den Klassiker „Thelma & Louise“ bescherte. Mit Sigourney Weavers Figur im Meilenstein „Alien“ hatte der Brite 1979 den Prototyp der modernen Heroine geschaffen. Doch die Odyssee zweier Hausfrauen stellte alles in den Schatten, was emanzipatorisch zuvor über die Leinwände geflimmert war. Die Achtziger waren geprägt von Buddy-Movies und Macho-Helden. Ihnen stellte Scott das verletzliche und aus der Not heraus resolute Traumpaar Geena Davis („Die Reisen des Mr. Leary“) und Susan Sarandon („Dead Man Walking“) gegenüber.
Als frustrierte, vom Leben in einer US-amerikanischen Kleinstadt enttäuschte Freundinnen Thelma (Davis) und Louise (Sarandon), wollen sie eigentlich ein Wochenende in der Natur verbringen – fernab von Thelmas tyrannischem Ehemann (Christopher McDonald, „Quiz Show“) und Louises plagendem Kellnerjob. Im Cabrio brausen die beiden dem ersehnten Ausbruch aus der täglichen Tristesse entgegen. Doch gleich am ersten Abend fällt die volltrunkene Thelma einem Vergewaltiger anheim. Louise rettet die Freundin mit vorgehaltener Waffe – und erschießt den provokanten Strolch kaltblütig.
Zuerst sind die beiden verzweifelt. Doch dann keimt in ihnen der Gedanke des Ausbruchs. Das Ziel ist Mexiko, den Grundstein für ein neues Leben soll das Ersparte von Louises Geliebtem Jimmy (Michael Madsen, „Reservoir Dogs“) legen. Auf der Flucht vor der Polizei lernen die Frauen ein vergessenes Gefühl von Freiheit kennen, das für Thelma auch eine kurze Affäre mit Anhalter J.D. (Brad Pitt, „Kalifornia“) bereit hält. Weil der ihnen aber ihre Barschaft raubt, nötigt er sie zum Überfall auf eine Tankstelle. Ihnen auf den Fersen ist Ermittler Hal (Harvey Keitel, „Bad Lieutenant“), der mit den Flüchtigen fühlt und eine Eskalation um jeden Preis zu verhindern sucht.
Das grandios gespielte – Davis und Sarandon wurden wie Regisseur Scott, die Kamera und der Schnitt für den Oscar nominiert – und von der Oscar-prämierten Autorin Callie Khouri („Power of Love“) so einfühlsam wie humorig geschriebene Road-Movie bricht vertraute (Männer-)Klischees eindrucksvoll auf und erhellt neben grandiosen Landschaftsaufnahmen des amerikanischen Südwestens durch kluge gesellschaftskritische Seitenhiebe. Das Ende der Odyssee, mehr noch das der beiden Anti-Heldinnen, wird in der ergreifenden Schlusssequenz besiegelt. Scott, dem für seinen kunstvollen Inszenierungsstil endlich wieder eine begeisternd auserzählte Geschichte zur Verfügung stand, lässt das Bild im Augenblick eines letzten Hochgefühls einfrieren und blendet in strahlendes weiß über. Ein kluges, warmherziges und schlichtweg unvergessliches Filmerlebnis.
Wertung: (8 / 10)