The Tudors (Season 1) (GB/USA/CAN/IRL 2007)

the-tudors-season-1Wenn sich szenische Unterhaltungskonzepte der Historie bedienen, sind Unkenrufe vorprogrammiert. Nur zu häufig wollen die gequälten Aufschreie der Geschichtsbewanderten einfach nicht verstummen, wenn die Macher zugunsten dramaturgischer Ausschmückung eine eher vage Interpretation der verbürgten Ereignisse wiedergeben. Andererseits kann die verfolgte Absicht auch schlicht in die Richtung pompösen Kostümkitsches weisen, was den Kennern vergangener Zeiten nicht minder den Spaß verdirbt. Irgendwo in der ebenso gern kritisierten Mitte hängt „The Tudors“, eine TV-Reihe um das Liebesleben und die Regentschaft des legendären englischen Königs Henry VIII.

Trefflich gespielt wird dieser von Jonathan Rhys-Meyers („Match Point“), der den liebestollen Herrscher als jugendlich-arrogante Mischung aus kühlem Strategen und nimmersattem Don Juan anlegt. Bevor er aber die Mätressen gleich reihenweise flachlegt oder sich in Streitigkeiten mit Portugal, Frankreich oder Österreich verstrickt, sticht zunächst der Pomp der Ausstattung ins Auge. Mit viel Liebe zum Detail wird das 16. Jahrhundert in Kostümen und Kulissen lebendig. Nicht immer den Tatsachen nacheifernd, dafür mit ausreichend großspurigen Schauwerten, um in den 10 Episoden der ersten Staffel das Entdeckungspotential nicht auszureizen.

Das Leben am Hofe ist von Sex und Intrigen bestimmt. Deren für die Handlung wichtigste ist die von Thomas Boleyn (Nick Dunning, „Alexander“), dessen Tochter Anne (Natalie Dormer, „Casanova“), nachdem sie ihre Schwester ausgestochen hat, dem König die Augen verdrehen und so Einfluss auf die politischen Geschicke nehmen soll. Ob man das nun glauben mag, oder nicht, die Geschichte fesselt. Ohne großes Tempo entfaltet der Plot die verzweigten Machenschaften und hangelt sich über den höfischen Alltag vorgegebenen wie historisch umgedeuteten Referenzpunkten entgegen. Die narrativen Freiheiten trüben zwar den Anspruch, der Unterhaltungswert bleibt davon jedoch unberührt.

Neben Rhys-Meyers stechen Sam Neill („Das Piano“) und Jeremy Northam („Gosford Park“) hervor. Neill brilliert als Kardinal Thomas Wolsey, der neben dem Wohle des Königs auch die Stärkung seiner Macht verfolgt. Northam ist der gottesfürchtige Denker Sir Thomas More, der Henry beratend zur Seite steht. Weiterhin ist da Maria Doyle Kennedy („The General“), die Catherine of Aragon spielt, die weit ältere Königin an Henrys Seite. Für Anne will er sich von ihr scheiden lassen, was ihn und sein Königreich in tiefe Zerwürfnisse mit dem Vatikan stürzt. Für Wolseys Widersacher um des Herrschers Gunst, Boleyn und seine Verschwörer, eine willkommene Gelegenheit, die Integrität des Kardinals zu untergaben.

Unter den Intriganten findet sich auch Henrys Vertrauter Charles Brandon (Henry Cavill, „Tristan + Isolde“), der heimlich des Königs Schwester Margaret (Gabrielle Anwar, „Die drei Musketiere“) heiratet. Historisch akkurat ist „The Tudors“ nur selten. Doch Ausstattung und Schauspieler überzeugen auf ganzer Linie. Besonders empfehlenswert ist der englische Originalton, bei dem die Sprache der Vergangenheit gern von der Gegenwart überlagert wird. Dass die von Michael Hirst erdachte Serie stark an die zwei Kinofilme um „Elizabeth“ erinnert, liegt in dessen Urheberschaft auch jener beiden Drehbücher begründet. Eine sehenswerte Reihe, deren Fortsetzung bereits abgedreht ist.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

scroll to top