In den Neunzehnsiebzigern – und auch in den mittleren Neunzigern – waren Katastrophenfilme ein erfolgreiches Steckenpferd Hollywoods. Fortgeritten wird dies mittlerweile weitgehend im Segment preiswerter TV-Filme, was auch deutsche Beiträge wie „Tsunami – Terror in der Nordsee“ (2005) beweisen. Erfolge im Kino jedoch sind selten geworden. Zu gleichförmig scheinen die Szenarien, zu repetitiv die Charakterisierungen der um ihr Leben kämpfenden Figuren. Umso überraschender scheint der kommerzielle Höhenflug, den Kim Ji-hoons („Sector 7“) Nachzügler „The Tower“ im Herstellungsland Südkorea hinlegte. Mehr als fünf Millionen Zuschauer lockte der Streifen dort in die Kinos. Eine Genre-Renaissance dürfte er trotzdem nicht nach sich ziehen.
Am Weihnachtsabend wird im Luxus-Wolkenkratzer Tower Sky im Herzen Seouls zur edlen Feiertags-Festlichkeit geladen. Lee Dae-ho (Kim Sang-kyeong, „Memories of Murder“), alleinerziehender Sicherheitsmanager, muss im Vorfeld einen Defekt im Sprinklersystem feststellen, der vom Eigentümer des Komplexes (und Ausrichter der Party) jedoch als Lappalie abgetan wird. Ein bekanntermaßen schwerer Fehler. Nach üppiger Einleitungsphase, in der neben dem liebenswerten Dae-ho auch dessen kleine Tochter Ha-na (Jo Min-ah) sowie seine heimliche Liebe, die ebenfalls in Tower Sky arbeitende Restaurantchefin Seo Yoon-hee (Son Ye-jin, „Open City“), vorgestellt werden, kracht ein Helikopter in eines der oberen Stockwerke.
Das Gesamtszenario erinnert nicht von ungefähr an Irwin Allens Klassiker „Flammendes Inferno“, der hier überdeutlich als Inspirationsquell diente. Denn neben den erwähnten (und einer Vielzahl weiterer) Protagonisten werden auch die Rettungskräfte und Feuerwehrleute mit aller dramaturgischen Vehemenz in Geschehen geschleudert. An vorderster Front kämpft Veteran Kang Young-ki (Sul Kyung-gu, „Silmido“) gegen die Flammen und das Leben vom Feuer eingeschlossener Menschen. Seine Vorgesetzten geben jedoch die Priorität aus, zuerst die wohl betuchten Bewohner aus der sich abzeichnenden Hölle zu befreien. Dabei wird natürlich reichlich Pathos eingestreut. Die zerstörungsintensive Action indes kann sich sehen lassen und braucht internationale Vergleiche in Sachen Tricktechnik nicht zu scheuen.
Doch selbst wenn ein solcher Film in Amerika, bedingt durch das Trauma des 11. Septembers 2001, kaum mehr möglich scheint, spulen die Macher das altgediente ABC des Katastrophenkinos ab. An Klischees mangelt es nicht und auch an aufgesetztem Herzschmerz und inszeniertem Heldentod wird nicht gespart. Doch erweist sich die Formel als zeitlos genug, um auch diesmal zu packen. Wenn auch auf einem kalkulierten Niveau zwischen Seifenopfer und Effekt-Gewitter. Für wen es am Ende ein Happy End gibt und wer im Chaos den Tod findet, braucht nicht einmal gesteigerte Vorkenntnis. Aber um die kommerzielle Einfuhr zu gewährleisten, darf das Publikum eben nur mit hinlänglich erprobten filmischen Konstrukten belastet werden. Der Erfolg jedoch gibt auch diesem Film Recht.
Wertung: (6 / 10)