The Tourist (USA/F 2010)

the-touristNach der Oscar-Auszeichnung für „Das Leben der Anderen“ wurde Florian Henckel von Donnersmarck mit Angeboten überschüttet. Der blaublütige Filmemacher aber wollte sich weder auf das Genre des Dramas noch den deutschen Arbeitsraum reduzieren lassen. Ihn zog es nach Hollywood, das Mekka des großen Unterhaltungskinos. Und so wartete er auf das richtige Projekt, damit sein Einstand in der Traumfabrik mehr als nur ein flüchtiges Gastspiel würde. Aber hat er sich, gerade vor diesem Hintergrund, einen Gefallen damit getan, das Ticket nach Amerika mit der hochglänzenden Banalität „The Tourist“ zu lösen?

Von der Presse wurde das Remake des französischen Thrillers „Anthony Zimmer“ jedenfalls weitgehend verrissen. Wie so oft bei heftig angefeindeten Filmwerken ist das Resultat aber auch diesmal besser als der Ruf. Dennoch lebt dies aufgesetzt elegante Verwirrspiel vor der malerischen Postkartenkulisse Venedigs, das sich frech mit Klassikern wie „Über den Dächern von Nizza“ vergleicht, einzig vom edlen Look und den Namen der Stars. Dass die Angelina Jolie („Salt“) und Johnny Depp („Sweeney Todd“) heißen, entschädigt nicht für die grundlegende Eitelkeit des Gesamtwerks.

Denn ein Selbstläufer ist die Geschichte um die geheimnisvolle Schöne Elise (Jolie) nicht. Um ihren Geliebten, einen gesichtslosen untergetauchten Millionendieb, zu schützen, führt sie die ihn verfolgenden Ermittler (u.a. Paul Bettany, „Priest“) durch das Anbändeln mit dem amerikanischen Mathelehrer Frank (Depp) im Zug nach Venedig auf eine falsche Fährte. Mit der Konsequenz, dass auch die Schergen des sadistischen Milliardärs Shaw (Steven Berkoff, „Rambo 2“) zur Jagd auf Frank blasen, um das gestohlene Vermögen zurückzubekommen. Ehe sich der Tourist versieht, wird er in ein wendungsreiches Verwirrspiel verstrickt, in dem natürlich nichts ist wie es scheint.

Allerdings wirkt der Film so, als wolle er sich für die eigene Cleverness permanent selbst feiern. Das ganze Szenario wirkt so überlebensgroß und betont erhaben, dass die eindimensionalen Figuren kaum eine Rolle spielen. Die durch Depps souveränes Spiel transportierten Anflüge seichter Ironie sorgen im Zusammenwirken mit der übertrieben ehrfürchtigen Inszenierung der Jolie zwar für eine gewisse Kurzweil, in Ermangelung echter Klasse erscheint der allgegenwärtige Pomp aber wie ein Ausrufezeichen hinter der eigenen Einfallslosigkeit.

Selbst populäre Nebendarsteller wie der zum Statisten verdammte Rufus Sewell („The Illusionist“) oder der immerhin augenzwinkernd mit dem eigenen Image spielende Ex-Bond Timothy Dalton wirken als Spielbälle der eingebildeten Raffinesse schlichtweg überflüssig. Nun ist „The Tourist“ in seiner überschäumenden Bildästhetik und den vor schönen Kulissen redlich gegen die Unlogik anspielenden Stars letztlich keine Beleidigung des guten Geschmacks. Es ist vielmehr eine nur allzu banale Hommage an Werke und Filmemacher, deren Klasse von Donnersmarck wohl nie erreichen wird. Vielleicht wäre das deutsche Drama doch die bessere Wahl gewesen.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

 

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