Werfen große Ereignisse stets ihre Schatten voraus? Auf die bis zur Unsterblichkeit gelobten und von den Medien bereits im Vorfeld zu Stars deklarierten britischen Verfechter des modernen Rock-Anachronismus mag das zutreffen. Auf den ersten Blick sind auch THE STEREOTYPES nur eine weitere The-Band im Dickicht des kommerziell verwässerten Genres. Doch unter der Schmutzkruste des vorbelastenden Artikels verbirgt sich ein Gespann, das frei von hinderlichen Vorschusslorbeeren allein durch ihre Musik zu glänzen versteht. Große Ereignisse werfen also nicht immer ihre Schatten voraus.
Dafür bürgt auch das feine Kasseler Label „Sounds of Subterrania“, welches mit „Stereotypes“ das Europa-Debüt des US-Fünfers präsentiert. Das Dutzend Songs des Albums ist im Verhältnis eins zu zwei ihren beiden in Amerika veröffentlichten Platten entnommen. Die Überlegenheit des jüngsten Materials ist verständlich, doch runden die dreckigeren „Frühwerke“ der 2002 gegründeten Band das Geschehen merklich ab. Vergleiche und Parallelen zum Erfolgsknäuel um THE STROKES erübrigen sich, obgleich THE STEREOTYPES natürlich nicht ohne entsprechende Elemente auskommen („Unsure“).
Doch ist es das Überraschungsmoment, welches die noch unbekannten Musiker auszeichnet. Vom klassischen Sound der Sechziger („Stars“) über dezent von britischem Punk überlagerte Stücke („Try Me“) bis zur Blaupause moderner Rock-Gemütlichkeit („I Drink“) zelebrieren die Kalifornier ihre Idealvorstellung von zeitgenössischer Gitarrenmusik. Und die ist in ihrer lässigen Zitation von BOX TOPS bis SUPERGRASS, vom inspirierten Einsatz der Orgel bis zu den Hintergrundchören ein wahrer Ohrenschmaus. Das Fundament ist somit auch in Europa gegossen. Was jetzt noch fehlt ist die Eroberung des Publikums. Bei einem Album wie „Stereotypes“ sollte diese jedoch nicht mehr als reine Formsache sein.
Wertung: (8 / 10)