Meist werden Stephen Kings Bücher für ihre Filmversionen eingedampft. Übrig bleibt dann ein Torso, der die gesamten Ausmaße der ursprünglichen Geschichte bestenfalls erahnen lässt, ihr jedoch fast unmöglich gerecht werden kann. Eine Ausnahme ist „The Stand“, der als TV-Mehrteiler mit fast sechs Stunden Spielzeit zum Mammutprojekt avancierte. King selbst schrieb nach seinem 1.200 Seiten langen Wälzer das Drehbuch, zu dem eine beachtliche Besetzung der hinteren Garnitur gecastet wurde. Regie führte Mick Garris, der sich später durch die „Masters of Horror“-Reihe profilieren sollte.
In fies farbübersättigter Früh-Neunziger-Fernsehoptik bricht die Apokalypse über die Menschheit, hier mal wieder reduziert auf Amerika, herein. Ein modifiziertes Grippevirus gelangt aus einem militärischen Forschungskomplex an die Außenwelt und tilgt binnen weniger Tage einen Großteil der Bevölkerung. Die wenigen gegen den Erreger immunen Überlebenden werden von Visionen heimgesucht, in denen die alte Mutter Abigail Freemantle (Ruby Dee, „Do the Right Thing“) in Gottes Auftrag zur Zusammenkunft mahnt. Parallel schart auch Höllenlegat Flagg (Jamey Sheridan, „Der Eissturm“) eine Gemeinschaft um sich, so dass der entscheidende Kampf zwischen Gut und Böse unabdingbar erscheint.
Der gewaltige Umfang erlaubt den Figuren zu wachsen, was auch bitter notwendig erscheint, um die volle Ladung religiös motivierter Kampfeslust fesselnd zu gestalten. Während sich die gute Seite an die Errichtung einer neuen Zivilisation macht, verwandeln die Bösen das brach liegende Spielerparadies Las Vegas in eine totalitäre Terrorzone. Über Prophezeiungen, Verräter in den eigenen Reihen und die Rüstung zum Krieg geht es für Abigail und ihre Getreuen der entscheidenden Konfrontation entgegen. Doch fällt die anders aus als gedacht.
Darstellerisch bietet „The Stand“ durchwachsene Kost, wenn dem gewohnt überzeugenden Gary Sinise („Forrest Gump“) als Leitfigur der gerechten Sache oder dem herrlich fiesen Jamey Sheridan wenig glanzvolle Performances von Molly Ringwald („The Breakfast Club“), Corin Nemec („Drop Zone“) oder auch Rob Lowe („Wayne´s World“) gegenüber stehen, der den taubstummen Auserwählten mit Bübchenfrisur gibt. Weitere Rollen bekleiden „Max Headroom“ Matt Frewer als unterbelichteter Pyromane, Miguel Ferrer („Traffic“) als Knacki und Ruby Dees Ehemann Ossi Davis („Malcolm X“) als Richter.
Dem Virus fallen auch prominente Gastakteure zum Opfer, darunter Ed Harris („In einer kleinen Stadt“) und Kathy Bates („Misery“) sowie die TV-Stars Max Wright („Alf“) und Ken Jenkins („Scrubs“). Die Regisseure Sam Raimi („Tanz der Teufel“), Tom Holland („Fright Night“) und John Landis („American Werewolf“) absolvieren ebenso kurze Auftritte wie Autor King selbst. Das wirkt, wenn auch nur partiell. Denn dies letzte Gefecht ist zwar atmosphärisch aufgezogen, daneben aber überlang, in Teilen fehlbesetzt und nur zweitklassig inszeniert. Nicht schlecht also, aber eben auch nicht wirklich gut.
Wertung: (6 / 10)