„Finde ihn.“ Es ist die Aufforderung einer in Trauer erstarrten Mutter. Sie gilt ihrem Ex-Mann, einem New Yorker Polizei-Veteranen. Gemeinsam betrauern sie den Tod der Tochter. Die wurde während eines Urlaubstrips mit ihrem Mann in London ermordet und in makabrer Pose ausgestellt. Der Erschütterung, mehr noch der emotionalen Zerrüttung, folgt der Trotz. Die Aufklärung des grausamen Verbrechens den lokalen Behörden überlassen? Keine Chance.
Der kühle Thriller „The Postcard Killings“ wirkt wie die US-Variante des Nordic Noir. Auch ihm liegt eine Romanvorlage zugrunde, die „Zoo“-Autor James Patterson mit der schwedischen Kollegin Liza Marklund verfasste. Die von Oscar-Preisträger Danis Tanović („No Man’s Land“) verantwortete Umsetzung hält mit Jeffrey Dean Morgan („The Walking Dead“) einen Hauptdarsteller von Format bereit. Doch auch der kann die Schwächen der Erzählung mit mal intensiven, mal übertriebenen Momenten unmöglich aufwiegen.
Sein Jacob Kanon ertränkt die Verzweiflung zunächst in Alkohol. Danach dient er sich Chefermittler Pearce (Steven Mackintosh, „Luther“) als Hilfe an. Doch der lehnt ab. Also sammelt Jacob auf eigene Faust Informationen und stößt bald auf einen Mord nach ähnlichem Muster, der sich in Madrid ereignet hat. Mehr noch wurden die Taten mit einer an die Presse gesandten Postkarte vage vorweggenommen. Offenbar hat es der Täter auf frisch vermählte Paare abgesehen. So auch in München, wo Jacob in Kommissar Bublitz (Joachim Król, „Lola rennt“) einen Vertrauten findet.
Weiter geht es nach Stockholm, wo die US-Journalistin Dessie Lombard (Cush Jumbo, „Good Wife“) ebenfalls eine Postkarte erhalten hat. Mit ihrer Hilfe hofft Jacob, dem Morden Einhalt gebieten zu können. Parallel reisen Sylvia (Naomi Battrick, „Jamestown“) und Mac (Ruairi O’Connor, „The Spanish Princess“) durch Europa. In einem Zug in Schweden trifft das junge Duo den hünenhaften Pieter (Dylan Devonald Smith). Aus dieser Konstellation, die zwangsläufig auf die Verbrechen verweist, ergibt sich ein wesentlicher Twist zur Filmmitte. Doch mit der Beantwortung des „Wer?“ geht ein eklatanter Spannungsabfall einher.
Dazu trägt auch bei, dass Jacobs Ex-Gattin Valerie (Famke Janssen, „96 Hours – Taken“) in der Heimat lose Enden zusammenführt, die dem Hintergrund der Bluttaten, unmittelbar verbunden mit dem inhaftierten Unternehmer Haysmith (Denis O’Hare, „American Horror Story“), einen familiären Kontext bescheren. Der Plot strebt über Täteridentifikation, Verhöre mit einstudierten Antworten und überzogen konstruiertem Motiv einem drögen Finale im Schnee entgegen, dessen offener Nachhall die Spitze der in Hälfte zwei zunehmenden Plattheit bildet.
Doch auch formal bietet „The Postcard Killings“ wenig Zwingendes. Das gilt vorrangig für die grausame Details verschleiernden Kamera- und Schnittmätzchen, die sich bereits nach dem Auftakt als überholt erweisen. Die (Neben-)Figuren erscheinen zudem als wenig plastisch und bleiben in der Hauptsache dem Zweck unterworfen, Jacobs Charakter auszukleiden. Warum dem US-Cop bei seinen eigenmächtigen Ermittlungen so viel Vertrauen entgegengebracht wird, kann Tanović zu keiner Zeit schlüssig begründen. Ähnlich der gescheiterten Bestsellerverfilmung „Schneemann“ (2017) gilt somit auch hier: Es gibt nichts zu verpassen.
Wertung: (5 / 10)