Punk-Rocker sind auch nur Väter. Aber wie vereinen die professionellen Querulanten die Ablehnung gesellschaftlicher Normen mit der Nachwuchserziehung innerhalb jenes sonst so vehement angefeindeten Systems? Antworten darauf gibt Andrea Blaugrund Nevins‘ (für den Doku-Kurzfilm „Still Kicking: The Fabulous Palm Springs Follies“ 1998 Oscar-nominiert) unterhaltsamer Dokumentarfilm „The Other F Word“, der einschlägig bekannte Genregrößen beim Umgang mit Nachwuchs, Rebellentum und Ernährerfunktion zeigt. Den größten Raum nimmt dabei PENNYWISE-Frontmann Jim Lindberg ein, der seine dreifache Vaterschaft bereits im Buch „Punk Rock Dad“ vorstellte.
In Blaugrund Nevins‘ Film kommt auch Mike Burnett zu Wort, Frontmann von NOFX und Vater einer – dezent verwöhnten – Tochter. Neben ihm sorgen u.a. Tim McIlrath (RISE AGAINST), Lars Frederiksen (RANCID), Ron Reyes (BLACK FLAG), Flea (RED HOT CHILI PEPPERS), Art Alexakis (EVERCLEAR), Mark Hoppus (BLINK 182) oder Duane Peters (US BOMBS) für bisweilen sehr witzige, nach hinten raus aber auch zunehmend von persönlicher Tragik (Peters Sohn starb 2007 bei einem Verkehrsunfall) überschattete Erlebnisberichte und aufarbeitungsbedürftige Schicksalsschilderungen.
Dabei ist Filmemacherin Blaugrund Nevins zwar mit der Kamera nah an den portraitierten Vätern dran, selbst jedoch nicht präsent. Sie bleibt die unsichtbare Beobachterin und Fragenstellerin, die nebenbei Einblicke in Lebensumstände und Punkerheime gewährt. Denn wenn nicht vom Aufbegehren gegen die Elterngeneration oder die Lebensumstände und politische Lage, woher soll der Drang zur Konsequenten Andersartigkeit sonst rühren? Von mangelnder Vorbildfunktion ist die Rede, aber auch von häuslicher Gewalt und Missbrauch. Dass es die alteingesessenen Punks bei ihren Kindern besser machen wollen, scheint da nur zu verständlich.
Der Film gliedert sich in verschiedene an Alltäglichkeiten ausgerichtete Kapitel, beschreibt nach kurzer Einleitung aber erst einmal die Bewegung samt ihrer Wurzeln. Zeitzeugen, bzw. Pioniere der Gegenkultur gibt es in Kalifornien schließlich genug. Sie erzählen vom Zwang des Geldverdienens – während Lindberg mit der Band weite Teile des Jahres auf Tour ist, arbeitet Reyes seit seinem frühen Ausstieg bei BLACK FLAG in einer Druckerei –, aber auch davon, dass die Geburt eines Kindes nicht nur Perspektiven verschiebt, sondern auch vor einem Niedergang in Drogen und Alkohol bewahrt. Horizonte eröffnen muss das nicht. Aber es vermittelt neben persönlichen Einblicken in die Punk- und Hardcore-Szene auch ein sympathisch herzliches Bild der sonst so harten Musikkerle.
Wertung: (8 / 10)