„The Last Samurai“ ist unweigerlich mit dem Namen Edward Zwick verbunden, der sich für sein „Lebenswerk“ intensiv mit der japanischen Geschichte befasste. Nebenbei nahm er nicht nur auf dem Regiestuhl Platz, sondern verantwortete auch Drehbuch und Produktion. Mit Filmen wie „Legenden der Leidenschaft“, „Glory“ oder „Mut zur Wahrheit“ sorgte Zwick für emotionsgeladene und stellenweise arg pathetische Kinounterhaltung, konnte aber den einen oder anderen Erfolg feiern, während ihm der ganz große Wurf bisher verwehrt blieb. Einen kleinen Goldjungen dürfte Zwick zwar auch mit seinem Werk nicht einheimsen, dennoch stellt der Film sicherlich seinen bisherigen Karriere-Höhepunkt dar.
Captain Nathan Algren (Tom Cruise), Kämpfer in zahlreichen Schlachten und Kriegen, steht vor den Trümmern seines Lebens. Die Geister der Vergangenheit, das sinnlose Sterben auf unzähligen Schlachtfeldern, bekommt er nicht aus dem Kopf. Das einzige, was ihm noch bleibt, ist die Flucht in den Alkohol. Auf sinnlosen Werbeveranstaltungen wird er als Held gefeiert, doch dies dient ihm lediglich zur Geldbeschaffung. Inmitten seines trostlosen Alltags kommt ihm das großzügige Angebot des japanischen Kaiserreichs ganz recht. Dort soll er deren junge Armee auf Vordermann bringen, ihnen den Umgang mit modernen Waffen beibringen, sie in Taktik schulen und zudem in einen Feldzug gegen die Samurai ziehen, jene Krieger des alten Japans.
Dort angekommen, findet Algren eine völlig mit der Situation überforderte Armee vor, die weder in der Lage ist, mit einem Gewehr umzugehen noch jemals den Feind von der Nähe gesehen hat. Inmitten der langsam fortschreitenden Rekrutierung wird er vorschnell mit seinen Mannen in die Schlacht gegen die Samurai geschickt, die sich mit ihrem Anführer Katsumoto (Ken Watanabe) dem drohenden Fortschritt aus dem Westen nicht beugen wollen und noch die alten Werte pflegen. Die Bedenken Algrens, dass seine junge Streitmacht noch nicht reif für den Kampf ist, wird vom Kaiser (Shichinosuke Nakamura) und seinen Beratern jedoch abgewiesen. Auf dem Schlachtfeld dann erlebt Algren eine bittere Niederlage, seine viel zu unerfahrenen Soldaten gehen im Pfeilhagel und im Nahkampf völlig unter.
Algren wird von Katsumoto gefangen genommen. In dessen Dorf wird er im Haus der jungen Taka (Koyuki) und ihren beiden Kindern einquartiert, die gleichzeitig Katsumotos Schwester ist und deren Mann Algren in der Schlacht tötete. Sie weigert sich zwar, den Fremden aufzunehmen, beugt sich aber dem Willen ihres Bruders und Führers. Im Laufe der Zeit lernen sich Katsumoto und Algren näher kennen und lernen voneinander. Vor allem Algren ist vom Leben der Samurai und deren Art mehr als beeindruckt, lernt die Sprache, den Umgang mit dem Schwert und findet hier das Ehrgefühl und die Werte wieder, die ihm in seiner Heimat abhandengekommen sind. Dennoch ist ein weiterer kriegerischer Konflikt zwischen Kaiserreich und Samurai nur eine Frage der Zeit und Algren stellt sich in der entscheidenden Schlacht auf die Seite der ehrhaften Schwertkämpfer.
Edward Zwick führt seine Darstellerriege durch aufwendige Schlachtszenen und stellt das Aufeinandertreffen alter Traditionen und Werte mit der fortschreitenden Industrialisierung der westlichen Welt in bewegenden Bildern dar. Inmitten dieses bunten Stil-Allerleis agiert Tom Cruise („Mission: Impossible“) als zu Beginn gebrochener und lebensmüder Mann, der erst in der Fremde verloren geglaubte Werte wiederfindet. Vor allem das Ehrgefühl, das sich die Krieger entgegenbringen, beeindruckt ihn. Die Besetzung Cruises sorgte sicherlich hier und da für Skepsis, gehört er zwar unbestritten zu den erfolgreichsten seiner Zunft, doch gibt es ohne Frage begabtere Darsteller als ihn. Umso erstaunlicher seine bravouröse Darstellung, die Kritiker wahrlich Lügen straft.
Cruise schafft es mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, seinen Charakter glaubhaft rüberzubringen und macht auch als Schwert schwingender Samurai im Kampf eine mehr als ansehnliche Figur. Doch das hohe Niveau wird von seinen Co-Darstellern – darunter William Atherton („Stirb langsam“), Billy Connolly („Der blutige Pfad Gottes“), Scott Wilson („Way of the Gun“), Timothy Spall („Vanilla Sky“) und Hiroyuki Sanada („Ring“) – ebenfalls locker erreicht, in manchen Fällen sogar übertroffen. So sieht man vor allem in Form von Ken Watanabe („American Ninja“) und Koyuki („Alive“), dass jegliches noch so bemühtes Spiel auch mit weitaus weniger mimischen Anstrengungen übertroffen werden kann. Vor allem Koyuki ist mit ihrer ruhigen wie distanzierten Darstellung eine Augenweide und so hat etwa die „Liebeszene“ zwischen ihr und Cruise, in der sie ihm die Rüstung ihres verstorbenen Mannes anzieht, mehr Ausdruckskraft als jede noch so nackte Fleischbeschau.
Die menschlichen Schicksale von „The Last Samurai“ spielen sich inmitten des Konfliktes zwischen den unterschiedlichen Kulturen ab, die Algren bereits im Westen erlebte. Dort wurden die Indianer mit Waffengewalt und durch den Bau von Telegrafenmasten und Eisenbahnschienen vertrieben, hier ist es die alte Kriegerkaste der Samurai, die dem drohenden Vormarsch des Fortschritts weichen soll. So gibt es etliche ruhig angelegte Szenen, in denen die Aufmerksamkeit des Betrachters durchaus auch den imposanten Naturbildern gelten darf, die allerdings mitnichten in Japan entstanden sind, sondern wieder einmal in Neuseeland. Die imposanten Schlachtszenen, vor allem zu Schluss, wurden dann mit der eindringlichen Musik von Oscar-Preisträger Hans Zimmer („Gladiator“) untermalt, der mit seinen Klängen in Verbindung mit den Bildern eine unglaubliche Atmosphäre erzeugt.
Dennoch ist nicht alles Gold was glänzt und so muss man auch an „The Last Samurai“ Negatives festmachen. Das ein oder andere Klischee darf sicherlich aufgrund des äußerst positiven Gesamtbilds übersehen werden, doch drückt Edward Zwick gerade zum Schluss ein wenig zu sehr auf die Gefühlsdrüse und so versinkt sein Schlachtenepos gegen Ende zunehmend in Pathos. Das Ende dann wirkt im Zusammenhang mit dem Rest des Films ein wenig arg übertrieben. Dennoch ist „The Last Samurai“ in vielerlei Hinsicht einfach ein bemerkenswerter Film, der alles bietet, was gute Kinounterhaltung beinhalten muss und der auch mit seiner Länge von etwa zweieinhalb Stunden alles andere als zu lang wirkt. Mit kleinen Abstrichen sicherlich ein Highlight des noch jungen Jahres.
Wertung: (8 / 10)