The Last Kumite (D/USA/BG 2024)

 Früher war alles besser!?

Noch vor der Jahrtausendwende endete die Ära regelmäßig in die Videotheken gespülter Karate-Actioner. In Asien waren Martial-Arts-Filme seit den 1960ern Teil des filmwirtschaftlichen Selbstverständnisses und durch den legendären Bruce Lee wurde die Begeisterung auch im Westen entfacht. Den Trend trat jedoch erst „No Retreat, No Surrender“ (1985) los, mit dem Hauptdarsteller Kurt McKinney zur Gallionsfigur einer ganzen Generation angehender Kampfsportler avancierte. Der hiesige Titel, „Karate Tiger“, wurde zum Synonym einer bestimmten Gattung Film, die sich, Kino-Erfolge wie „Bloodsport“ (1988) oder „Kickboxer“ (1989) – beide mit „No Retreat…“-Schurke Jean-Claude Van Damme in der Hauptrolle – hin oder her, zunehmend im B-Metier verwurzelte.

Natürlich gab es solche Werke auch nach 2000; man denke allein an die drei „Undisputed“-Fortsetzungen mit Scott Adkins. Nur waren diese in Inszenierung und Erzählung moderner und, man möge den Ausdruck verzeihen, reifer. Für all diejenigen, die dem naiven Charme von „Karate Tiger“ & Co. nachtrauern, erschien die Idee zu „The Last Kumite“ wie ein Segen. Den Anstoß dazu gab B-Veteran Matthias Hues („Kickboxer 2“), der Produzent und Co-Autor Sean David Lowe während eines Interviews dazu ermutigte, ein solches Retro-Projekt anzugehen. Und so warf sich Lowe in die Arbeit, sammelte Start-Budget via Crowdfunding und gewann letztlich Capelight als Partner. Mehr noch konnte Lowe verschiedene Genre-Fachkräfte vor wie hinter der Kamera zur Kooperation bewegen.

 Als Regisseur, Co-Autor und Kameramann trat Ross W. Clarkson in Erscheinung, der u. a. „Undisputed II“ und „Undisputed III“ filmte. Die Kampf-Choreographie besorgte Stuntman Mike Möller („John Wick: Kapitel 4“), der neben Hues auch die B-Granden Billy Blanks (beide keilten sich bereits in „TC 2000“), Cynthia Rothrock („China O‘Brien“) und „Karate Tiger“ Kurt McKinny zu alter Körperlichkeit verleiten durfte. Mehr noch gibt es die Brüder Mohammed (Michel) und Abdel Qissi zu erleben, die wahlweise allein oder gemeinsam in Van-Damme-Vehikeln wie „Kickboxer“ (aka „Karate Tiger 3“), „Leon“ (1990) oder „The Quest“ (1996) auftraten. Mit David Yeung („The Circuit 4“) balgt sich auch der Sohn von „Bloodsport“-Bösewicht Bolo Yeung auf der Kumite-Matte. Die Hauptrolle füllt allerdings Mathis Landwehr aus, der die Sehnsüchte der B-Fans bereits mit „Kampfansage – Der letzte Schüler“ (2005) befriedigte.

Retro-Action von Fans für Fans

Er spielt den verwitweten Karate-Champion Michael Rivers, der sich nach dem Gewinn seines letzten Turniers eigentlich auf Teenager-Tochter Bree (Kira Kortenbach) konzentrieren will. In die Quere kommt ihm dabei der dubiose Geschäftsmann Ron Hall (mit ärmelfreier Garderobe und angepasst schmierigem Auftreten: Hues), der in Bulgarien ein illegales Kumite veranstaltet und für den Gewinn eine Millionen Dollar auslobt. Michael lehnt dankend ab, muss seine Entscheidung aber revidieren, als Bree von Halls rechter Hand Wolf (Mohammed Qissi) entführt wird. Vor Ort in Osteuropa muss der zum Kämpfen gezwungene Michael erfahren, dass auch McKinneys Kumpeltyp Damon Spears und die einzige Turnierteilnehmerin, die toughe Lea Martin (Stuntfrau Monia Moula, „Inception“), auf dieselbe schändliche Weise rekrutiert wurden.

Eine Woche bleibt den dreien – so wie den anderen freiwillig angereisten Fightern (darunter Yeung) –, um sich auf das Turnier vorzubereiten. Dass dessen Ausgang potenziell tödlich verläuft, garantiert Halls Champion Dracko (Mike Derudder, „GWF Machtkampf“), ein mit steroiden aufgepumpter Kampfkoloss, dessen Dialogzeilen meist auf markiges Brüllen reduziert werden. Um ihn zu bezwingen, lässt sich Michael von Meister Loren (Blanks) trainieren, ein ehemaliger Widersacher Halls, der auf dessen Anwesen Hausmeisterdienste verrichten muss. Mehr noch greift Drackos ehemalige Lehrerin, die aus heiterem Himmel erscheinende Julie Jackson (Rothrock) in die Turniervorbereitung ein. In seiner Unsinnigkeit unterstreicht dieser obligatorische Handlungsteil die Simplizität des Skripts – und gibt der klar gesteckten Zielgruppe zwischen Trainings-Montagen und schlauen Sprüchen genau das, was sie erwartet.

Das trifft auch auf die adäquat ruppigen Kampfszenen zu, bei denen in Zeitlupe Gliedmaßen gereckt werden und sich Blutfontänen suppend aus geprügelten Mündern ergießen. Dazu wird selbst ein im Duell herausgerissenes Auge verspeist. Kumite ist eben nichts für Weicheier! Im Kombinat mit dem herrlich retrospektiven Color Grading und dem klassischen Synthie-Soundtrack vom extra aus der Rente zurückgekehrten Michael Hertzog (Score) sowie Stan Bush (Songs) – beide veredelten auch „Bloodsport“ und „Kickboxer“ – wird daraus der erhofft üppige Ritt auf der Nostalgiewelle. Das erscheint umso beachtlicher, da „The Last Kumite“ mit weit weniger Budget entstanden ist als etwa vergleichbare 90’s-Klopper aus der PM-Entertainment-Schmiede – und in Sachen Kampfsport-Action obendrein mehr Dynamik vorweist. Dabei darf angesichts der inhaltlichen Unzulänglichkeiten keinesfalls zu viel Kritik geäußert werden. Denn immerhin ist bei dieser ambitionierten Low-budget-Produktion jedes Klischee Teil der knietiefen Verbeugung vor den Mechanismen der Vergangenheit. Oder besser ausgedrückt: Ein Film von Fans für Fans!

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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