„No sentiment, comrade. War is war.“ – Athena
Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das aus Vergnügen tötet. Oder aus Rache. Wobei das eine das andere keineswegs ausschließen muss. Ein Filmthema, das diese These seit fast einem Jahrhundert stützt, ist die Menschenjagd. Ihr Kino-Ursprung geht auf „Graf Zaroff – Genie des Bösen“ (1932) zurück. Ihm folgten diverse Variationen zwischen Thriller, Horror und Action; als Beispiele seien lediglich „Das Millionenspiel“ (1970), „Insel der Verdammten“ (1982), „Running Man“ (1987) und „Harte Ziele“ (1993) genannt. In diesen Zirkel reiht sich auch „The Hunt“ ein, der dank Comicgewalt, cleverer Erzählkniffe und politsatirischer Spitzen (mit Anklang an George Orwells „Animal Farm“) eine besondere Stellung in diesem Sub-Genre einfordert.
Initiatoren des barbarischen Treibens sind diesmal nicht erzreaktionäre Konservative, sondern elitäre Liberale. Deren (vermeintlicher) Antrieb wird über einen Chatverlauf verdeutlicht, der zu Beginn, von einer Klassik-Symphonie Gustav Mahlers unterstrichen, den Handlungsrahmen absteckt. Triebfeder ist Athena (die zweifache Oscar-Preisträgerin Hilary Swank, „Million Dollar Baby“), die samt Kollaborateuren – darunter Glenn Howerton („It’s Always Sunny in Philadelphia“) und Amy Madigan („Straßen in Flammen“) – ein Dutzend unliebsamer Mitmenschen zum Abschuss freigibt: Verschwörungstheoretiker, Hetzer, Rednecks. Auf einer Wiese im Nirgendwo erwacht die Beuteschar und muss schnell feststellen, dass das sogenannte „Manorgate“-Mysterium blutiger Realität entspricht.
Regisseur Craig Zobel („Z for Zachariah“) legt bei der Identifikation der Heldenfigur zunächst falsche Fährten, indem Emma Roberts („Scream 4“) und Ike Barinholtz („Massive Talent“) ins Zentrum der Aufmerksamkeit streben. Doch ist es letztlich an Betty Gilpin („Glow“), deren überhöhte Mimik unzweifelhaft an Jodie Comers Performance in „Killing Eve“ (2018-2022) angelehnt ist, den Menschenjägern Paroli zu bieten. Ihre wortkarge, stets gewaltbereite Crystal stützt den skurrilen Charakter des u. a. von „Lost“-Produzent Damon Lindelof ersonnenen Skripts, das sie über Hinterhalte und Fallen den Hintergründen – und Drahtzieherin Athena – beständig näherkommen lässt.
Mit Swanks erstem Komplett-Auftritt (in einem erhellenden Rückblick) wird der Vorlauf vom Showdown separiert. Die Seitenhiebe auf den konstitutionell gewährten Waffenfanatismus der US-Amerikaner sowie die Woke Culture werden durch die spät offenbarte wahre Motivation der Jagdgesellschaft zusätzlich satirisch unterfüttert. Seinen Beitrag dazu leistet auch der Blutzoll, der beständig an der Schwelle zum Fun-Splatter rangiert. Ganz zu schweigen von freudvoll agierenden Nebendarstellern wie Ethan Suplee („My Name is Earl“). Über den Originalitätsgehalt von „The Hunt“ lässt sich zweifelsfrei streiten, der Unterhaltungswert dieses flott abgehandelten Streifens aus der Fließbandschmiede von Produzent Jason Blum („The Purge“) bleibt trotzdem über (fast) alle Zweifel erhaben.
Wertung: (7 / 10)