The Great Gatsby (USA/AUS 2013)

thegreatgatsbyluhrman„I knew it was a great mistake for a man like me to fall in love…“ – Die späte Einsicht des großen Gatsby

Kaum ein Regisseur begreift Kino so sehr als Kunst wie Baz Luhrmann. Mit „Romeo + Juliet“ (1996) und „Moulin Rouge“ (2001) erarbeitete er sich den Ruf als meisterlicher Dirigent visuell betörend choreographierter Tragödien. Seinem Hang für klassische Stoffe folgt er auch mit „The Great Gatsby“, der bereits fünften Verfilmung des gleichnamigen Romans von F. Scott Fitzgerald. Erstmals 1925 veröffentlicht, zeigt das literarische Meisterwerk den sozialen Wandel in den USA nach dem Ersten Weltkrieg sowie die Schattenseiten des amerikanischen Traums, wobei Einfluss und Reichtum dem Streben nach Liebe gegenübergestellt werden. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise des neuen Jahrtausends erhält der Stoff trotz originärem Setting zusätzliche Interpretationsspielräume.

Mit sehenswerter Starbesetzung und überschwänglich rauschhafter Ausstattung (Szenenbild und Kostümdesign wurden Oscar-nominiert) haucht Luhrmann dem Klassiker neues Leben ein. Erzählerisch hält er sich eng an die Vorlage, würzt diese jedoch mit modernen Pop- und HipHop-Songs sowie einer orgiastischen Inszenierung, die die Leinwand nachhaltig zur überlebensgroßen Theaterbühne umfunktioniert. Das tragische Moment der Geschichte wird dabei von Erzähler Nick Carraway (Tobey Maguire, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“) unterstrichen, der in Rückblicken von Freundschaft und Liebesleid in der Überflussgesellschaft berichtet. In New York versucht er sich 1922 als Wertpapierhändler und bezieht ein bescheidenes Haus im fiktiven Nobelrevier West Egg auf Long Island.

Der benachbarte Herrensitz, ein palastartiges Anwesen, ist der Wohnsitz von Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio, „Inception“). Um den Millionär, der in seinem Domizil verschwenderische Tanzpartys für die Upper Class zelebriert, ranken sich viele Gerüchte. Woher er kommt, welche akademische Ausbildung er genossen hat und vor allem welch undurchsichtigen Geschäften er nachgeht, beschäftigen die Öffentlichkeit ebenso wie die High Society. Gatsby sucht die Nähe zu Nick, weil er durch ihn hofft, seine große Liebe Daisy (Carey Mulligan, „Shame“) zu gewinnen. Die heiratete, während er im Krieg kämpfte, den notorisch untreuen Sportlerstar und Lebemann Thomas Buchanan (Joel Edgerton, „Warrior“). Mit ihm stürzt sich Gatsby in einen erbitterten und letztlich zerstörerischen Konkurrenzkampf um die Gunst und Liebe des entfernt mit Nick verwandten Freigeistes.

Mit märchenhafter Aura führt Regisseur, Produzent und Co-Autor Luhrmann in die Welt der frühen Neunzehnzwanziger ein. Seinem Stil bleibt er dabei in aller Konsequenz treu, wenn 3D-Technik und rasante Kameraflüge auf gnadenlos ausgereizten Kitsch und pompöse Massenszenen treffen. Aus dem grundlegend oberflächlichen Ansatz macht er dabei keinen Hehl, was Fitzgeralds „großem amerikanischem Roman“ zwar nicht durchweg gerecht wird und vor allem die Ambivalenz der Figuren nur unzureichend abbildet, als Sittenbild mit bis heute gültigem Kern jedoch ausreichend Eindruck hinterlässt. Der grellen, ja geradezu träumerischen ersten Hälfte folgt die tragische Zuspitzung, bei der Hoffnungen und Sehnsüchte letztlich an der gesellschaftlichen Realität zerschellen. Ein nicht perfekter, aber doch erlesen besetzter und optisch schlicht großartiger Bilder- und Gefühlsreigen.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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