The Good Thief (GB/F/IRL/CDN 2002)

the-good-thiefDas Genre der Heist-Movies erlebte in den vergangenen Jahren eindeutig eine stetig zwischen Thriller und Komödie einherwandernde Renaissance. Die kam mit solch unterschiedlichen Werke wie „The Score“, „Abgezockt!“, „Heist“ oder „Ocean’s Eleven“ über die Leinwände dieser Welt. Mit „The Good Thief“, einem Remake des Jean-Pierre Melville-Klassikers „Bob Le Flambeur – Drei Uhr Nachts“, meldet sich nun der irische Regisseur Neil Jordan drei Jahre nach „Ende einer Affäre“ in Personalunion aus Autor und Regisseur zurück – und bereichert jene Kategorie inszenierter Räuberpistolen um einen weiteren sehenswerten Vertreter.

Dem alternden Spieler und Gauner Bob Montagnet (Nick Nolte) scheint das Glück wenig hold, lastet ihm doch eine kaum zu überwindende Pechsträhne an. Getrübt von Heroin schwebt Bob in einem Zustand bitterer Selbsterkenntnis durch die nächtliche Schattenwelt Nizzas und rettet unter Beihilfe seiner Nadel dem Polizeiinspektor Roger (Tchéky Karyo) in einem zwielichtigen Nachtclub das Leben. Nachdem er im Anschluß die junge Prostituierte Anne (Nutsa Kukhianidze) den Fängen des Zuhälters Said (Ouassini Embarek) entrissen hat, keimt in dem unerschütterlichen Verlierer neuerlicher Mut auf. Ein letzter großer Coup, die wertvollen Gemälde des Casinos in Monte Carlo, sollen Balsam auf das angeschlagene Ego Bobs streichen und den Auftakt eines besseren Lebens einläuten.

Der Droge entsagend, schart der gewiefte Kunsträuber eine Bande illustrer wie ungewöhnlicher Mittäter um sich, darunter den technisch versierten Jimi Hendrix-Verehrer Vladimer (Emir Kusturica), die eineiigen Zwillinge Albert und Bertram (Mark und Mike Polish) und seine Vertrauten Paulo (Said Tagmaouri) und Raoul (Gérard Darmon). Im Zuge der chaotischen Planungsphase muß Bob jedoch nicht nur einen stetig an die Obrigkeit gelangenden Informationsfluß bezüglich der illegalen Unternehmung hinnehmen, sondern auch das Eingreifen eines ungemütlichen Kunsthändlers (Ralph Fiennes).

Oscar-Preisträger Neil Jordan („The Crying Game“), aboniert auf künstlerisch verschachteltes Erzählkino, hat mit der britisch-französisch-irisch-kanadischen Co-Produktion „The Good Thief“ ein elegantes Krimi-Drama mit lakonischer Ironie und wunderbar melancholischen Bildern des ebenfalls Oscar-prämierten Kameramanns Chris Menges („The Killing Fields“) vorgelegt. Der Titel nimmt dabei Bezug auf den neutestamentarischen Dieb, welcher an der Seite Jesu ans Kreuz geschlagen wurde und den Beweis vorlegt, dass auch für Sünder ein Platz im Himmelreich bereit steht.

Diesem Geiste entsprechend steht auch für den unverwüstlichen Bob am Ende sein Paradies bereit, obgleich die eher nebensächliche Ausführung des turbulenten Raubzuges in einen höchsteigenen Selbstfindungstrip des eigensinnigen Einbrechers mündet. Selbiges gilt wohl auch für Hauptdarsteller Nick Nolte („Der Gejagte“), im Winter des Jahres 2002 noch wegen Trunkenheit und Drogen am Steuer in die Obhut einer Entgiftungsstätte übergeben. Demnach verkörpert sich Nolte im Grunde selbst und garniert seine ansprechende Leistung mit gewohnter Inbrunst und Hingabe.

Sehenswert gestaltet sich auch das Wiedersehen mit Tchéky Karyo („Dobermann“) und Oscar-Empfänger Ralph Fiennes („Der englische Patient“). Darüber hinaus gibt es zudem einen der raren Auftritte des Kult-Regisseures Emir Kusturica („Arizona Dream“) in Front der Kamera zu bewundern. „The Good Thief“ ist künstlerisch anspruchsvolles Kino mit guten Darstellern, reichlich Lokalkolorit und fein personalisierten Figuren, ein individualistischer Wechselbalg aus Krimi und Charakterstudie, obendrein stilsicher untermalt von Elliott Goldenthals („The Butcher Boy“) stimmigem Score. Und ganz nebenbei wirkt die Geschichte in ihrem unspektakulären Gewande und ihrer überraschend lockeren Inszenierung wie die schmutzverkrustete Kehrseite von „Ocean’s Eleven“.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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