Die Ikone und der Nacheiferer, vereint in einem Filmwerk. Gemeint sind die Regisseure Sam Peckinpah („The Wild Bunch“) und Walter Hill („Long Riders“). Der erste etablierte spritzendes Kunstblut und ästhetisierte Gewalt auf der Leinwand, der zweite machte sich diese Stilistik zu Eigen. Wie viele andere auch. Peckinpah und Hill verbindet nur ein gemeinsames Projekt, der Gangster-Thriller „The Getaway“. Der alte Hase inszenierte, der spätere Epigone schrieb das Drehbuch nach einem Roman von Jim Thompson. Der hatte sein Werk zunächst selbst adaptiert, wurde nicht zuletzt wegen des nihilistischen Finales aber gefeuert.
„Bonnie und Clyde“ hatte im New Hollywood vorgemacht, dass Verbrecher durchaus als Helden taugen. Es ist dieser schmale Grat zwischen Rechtschaffen- und Verdorbenheit, die das Publikum – wie schon beim Film Noir – über die verwischenden Grenzen von Gut und Böse mitfiebern lässt. Peckinpah, der „The Getaway“ nur drehte, um ein anderes Projekt zu ermöglichen, hatte mit Steve McQueen („Bullit“) und Ali McGraw („Convoy“) zwei Stars an der Hand, die den Thriller zum Selbstläufer werden ließen. Ihre Präsenz verlangt kein hohes Tempo. Auch die virtuose Action bleibt dezent eingesetzt. Ein Kracher wurde der zynische, emotional unterkühlte Streifen dennoch.
Vergeblich hat Doc McCoy (McQueen) auf eine vorzeitige Haftentlassung gehofft. Doch der verschlagene Politiker Beynon (Ben Johnson, „Junior Bonner”) wusste dies zu verhindern. Mit dem Körpereinsatz von McCoys Frau Carol (McGraw) lässt er sich überzeugen. Unter der Bedingung, dass Doc bei einem Banküberfall mitmischt. Komplize Rudy (Al Lettieri, „Das Gesetz bin ich”) will ihn anschließend eliminieren, worauf sich nicht nur er, sondern auch Beynon selbst den tödlichen Zorn des Betrogenen zuzieht. Von der Polizei und dem tot geglaubten Rudy verfolgt, flüchten die McCoys Richtung Mexiko. In einem Hotel vor der Grenze kommt es zum Showdown.
Überschattet wurde der furios inszenierte Reißer, der auf Darstellerseite auch Bo Hopkins („The Wild Bunch“) auffährt, durch die Liebelei der Hauptdarsteller. McQueen umgarnte McGraw so heftig, dass die dafür ihren Gatten, den Paramount-Produzenten Robert Evans („Chinatown“), verließ. Die Chemie zwischen beiden stimmt in jeder Sekunde, in Liebe und Hass. Bis zum von McQueen erwirkten Happy End, das der derben Geschichte noch eine zusätzlich sarkastische Note verleiht. Eine persönliche Bindung soll Peckinpah zu dieser Auftragsarbeit nie gehabt haben. Ein stark gespielter, moralisch verdorbener und bisweilen unerreicht cooler Klassiker wurde es dennoch. Grandioses Genrekino aus Hollywoods unangepasster Hochphase.
Wertung: (9 / 10)