The Flatliners – New Ruin (2022, Fat Wreck)

Es gilt wieder zu betonen, dass sich Bands verändern. Und vor allem: verändern dürfen. Auch THE FLATLINERS. Hätte den kanadischen Jungspunden anno 2005 eine weise Stimme offenbart, dass ihr Offbeat-influenzierter Punk über die Jahre gen Alternative streben würde, der seinerzeit minderjährige Frontmann Chris Cresswell hätte wohl lachend abgewunken. Doch die Tage des Karohemd-Krawalls auf den Spuren von HOT WATER MUSIC (wo Cresswell mittlerweile ständiges Mitglied ist) sind passé. Zumindest weitgehend.

An seine Stelle trat Mid-Tempo-Rock mit sporadischen Punk-Abstechern. Wie das überraschend glatte „Inviting Lights“ (2017) zeigte, hat auch das seinen Reiz. Mit dem Nachfolger „New Ruin“ feiert die Band ihre Rückkehr zu Fat Wreck. Und die startet mit „Performative Hours“ wuchtig: kernige Riffs, starker Refrain und Cresswell endlich wieder im stimmlichen Reibeisenmodus. Das Tempo wird mit „Rat King“, dem folkig eingeläuteten „Top Left Door“, „Recoil“ oder „Tunnel Vision“ in erwarteter Manier gedrosselt. An Wucht, flirrenden Gitarren und vokaler Wandlungsfähigkeit mangelt es trotzdem nicht.

Für die gediegenere Seite von „New Ruin“ stehen Beiträge wie „Big Strum“, „It’ll Hurt“, „Souvenir“ oder „Heirloom“. Auch ihnen fehlt es nicht an Energie. Wohl aber an jenem restlos packenden Moment, das THE FLATLINERS in ihrer ungestümen Wirkphase auszeichnete. Früher, wo bei Krachern wie „Eulogy“ gereckte Fäuste und Grölchöre Automatismen waren, steht heute fraglos ansprechender, mitunter aber auch seltsam gesetzt wirkender Rock. Das mag nach typischem Alt-Fan-Gemaule klingen, das Veränderung verteufelt und kreative Repetition bevorzugt. Zu einem gewissen Grad mag das sogar zutreffen, nur lädt „New Ruin“ in Summe einfach weniger zum unbedingten Abfeiern ein. Veränderung ist eben Fluch und Segen zugleich.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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