Als im Dezember 2013 bekannt gegeben wurde, dass Jason Segel („How I Met Your Mother“) im Biopic „The End of the Tour“ die amerikanische Schriftstellerikone David Foster Wallace verkörpern wird, haben einige müde gelächelt und andere verächtlich den Kopf geschüttelt. Denn die Geschichte vom Erfolgsautor, der Zeit seines Lebens unter Depressionen litt und sich 2008 umbrachte, ist weder lustig noch seicht. Es wäre mehr als interessant, ihre Gesichter heute zu sehen!
Der Film basiert auf dem Buch „Although Of Course You End Up Becoming Yourself: A Road Trip with David Foster Wallace“ von David Lipsky aus dem Jahre 2010. Er gibt die Geschichte eines fünftägigen Interviews wider, welches der damalige Rolling Stone Reporter Lipsky mit dem gerade zur Berühmtheit gewordenen Novellisten während einer Lesetour geführt hat. In der Form eines Rückblicks setzt die eigentliche Handlung im Jahr 1996 ein; Wallace hat gerade seinen ersten Roman „Infinite Jest“ („Unendlicher Spaß“) herausgebracht und wird von Literaten, Kritikern und vor allem von vielen amerikanischen Lesern gefeiert, zu denen auch David Lipsky (Jesse Eisenberg) gehört.
Auch er hat schriftstellerische Ambitionen und kann seinen Chefredakteur davon überzeugen, im Musikmagazin Rolling Stone auch mal über Literatur zu schreiben. Von dem Gedanken an ein Interview nicht unbedingt begeistert, lässt sich Wallace von seinem Agenten breitschlagen und es wird beschlossen, dass der Journalist ihn auf seiner Promotion- und Lesetour durch mehrere Bundesstaaten begleitet. Bei einem ewig mitlaufenden Diktiergerät unterhalten sich die beiden Männer über das Schreiben, Film und Fernsehen, Musik, Popkultur, aber auch über die eigenen Ängste und Schwächen. Aus den angeregten und offenen Gesprächen erwächst schnell eine Art Freundschaft.
Im Nachhinein beschrieb Lipsky diese Reise mit den Worten: „Imagine the greatest conversation you’ve ever had“, worauf der Regisseur James Ponsoldt („Smashed“, „The Spectacular Now“) in seiner Adaption das Hauptaugenmerk gelegt hat. Mit einer Kameraarbeit, die auf das notwendigste reduziert ist, und einer Handlung, die ohne große Höhen und Tiefen verläuft und auch kein wildes Drama benötigt, gelingt es Ponsoldt, seinen Darstellern den Freiraum zur Entfaltung ihrer Figuren bereit zu stellen und die Gesprächsinhalte in den Vordergrund zu rücken.
Jason Segel, dem man im Vorfeld als einzige Gemeinsamkeit mit Wallace das Alkoholproblem nachgesagt hat, schafft es in seiner ersten ernstzunehmenden Rolle die Sensibilität eines zurückgezogen lebenden, hoch intelligenten Literaten zu verkörpern, der Ausgrenzung fürchtet, Fernsehen liebt und hasst und einen stetigen Kampf mit seinen inneren Dämonen führt. Sein Gegenüber Jesse Eisenberg („Zombieland“, „American Ultra“) ist mit seiner etwas neurotischen, quirligen Spielweise, welche er perfektioniert hat, die ideale Besetzung für den Journalisten, der leichte Züge eines Arschlochs mit sich bringt.
Das Drehbuch von Donald Margulies orientiert sich an der Buchvorlage von Lipsky, seine Tonbandaufzeichnungen jedoch, welche er auch zur Verfügung gestellt hat, dienten Cast und Crew, um ein wirklichkeitsgetreues Bild zu generieren. Das Ergebnis ist ein sehr feinfühliges und charismatisches Portrait der facettenreichen Persönlichkeit David Foster Wallace, der schon zu seinen Lebzeiten als bester amerikanischer Schriftsteller seiner Generation beschrieben wurde. Aufgrund der minimalistischen Aufwendungen war der Film in fünf Wochen abgedreht und hatte seine Premiere auf dem Sundance Festival im Januar 2015, wo er sehr gut aufgenommen wurde. Eine sehenswerte Charakterstudie mit hervorragenden Dialogen!
Wertung: (7,5 / 10)