The Dead Don’t Die (USA 2019)

„So, the dead just don’t wanna die today, is that it?“ – Zelda

Die Werke von Independent-Choryphäe Jim Jarmusch sind skurril. Erst recht, wenn er sich Themen des Genre-Kinos andient. Das führte bei „Dead Man“ (1995) zum lakonischen Abgesang auf die Mythen des Westerns, während „Ghost Dog“ (1999) zur Antithese des Actionfilms avancierte. Mit „The Dead Don’t Die“ variiert Jarmusch die Formeln des Zombie-Horrors – mit neuerlich bemerkenswerter Starriege und stimmiger Anlehnung an „Night of the Living Dead“ (1968), George A. Romeros Urquell der modernen Ausrichtung jenes bis heute zugkräftigen subkulturellen Sujets.

Dass die Toten auferstehen und sich am Fleisch der Lebenden delektieren, hat ausnahmsweise eine konkrete Ursache: Fracking-Unternehmungen an den Polen haben die Erdachse verschoben und die Welt buchstäblich aus den Angeln gehoben. Eine Konsequenz ist der bedrohlich farbintensiv umrandete Mond, eine andere die erwähnte Rückkehr der Verstorbenen. Die sprechen mitunter einzelne Worte und krallen sich – auch hier grüßt Romero – an Verhaltensmuster, die ihr Dasein als Lebende prägten. Einer der ersten, der sich aus dem Erdreich der verschlafenen Kleinstadt Centerville wühlen, ist Rock-Opa Iggy Pop („Dead Man“). Neben ihm treten auch die Musiker-Kollegen Tom Waits („Down By Law“) und RZA („Coffee and Cigarettes“) in Erscheinung.

Während der zweitgenannte Kult-Rapper, der für den vorangehend erwähnten „Ghost Dog“ die Musik lieferte, eine kleine Rolle als Kurierfahrer (in Anlehnung an den Wu-Tan Clan beim Dienstleister „WU-PS“) bekleidet, übernimmt Waits den relevanten Part des schratigen Obdachlosen Hermit Bob. Der wird zum Beobachter einer sich beständig zuspitzenden, obgleich Jarmusch-typisch vornehmlich gelassen ausgebreiteten Apokalypse. In deren Zentrum stehen die lokalen Polizeikräfte Cliff Robertson (Bill Murray, „Broken Flowers“), Ronnie Peterson (Adam Driver, „Inside Llewyn Davis“) und Mindy Morrison (Chloë Sevigny, „Manderlay“).

„This is all gonna end badly.“ – Ronnie

Als die ersten angefressen Leichen gefunden werden, drängt sich der Verdacht des Angriffs eines wilden Tieres auf. Oder mehrerer wilder Tiere. Ronnie weiß es jedoch besser: Zombies. Dass neben ihm auch andere Figuren die Zeichen richtig deuten – und obendrein zur adäquaten Gegenwehr ausholen –, erscheint als sympathischer Kontrast zu all jenen Genre-Varianten, die das Oeuvre Romeros nebst Nachahmer geflissentlich ignorieren. So ist Enthauptung als probates Abwehrmittel schnell Konsens. Dabei erweist sich als praktisch, dass die exzentrische Bestatterin Zelda Winston (Tilda Swinton, „Suspiria“) behänden Umgang mit dem Samurai-Schwert pflegt.

Gemessen an den Standards Jim Jarmuschs ist „The Dead Don’t Die“ ein überraschend gewaltreiches Vergnügen. Allerdings werden die morbiden Spitzen bereits dadurch relativiert, dass den Untoten statt Blutfontänen dunkle Staubwolken aus den malträtierten Körpern entweichen. Im Vordergrund steht aber selbstredend der schrullige Humor, der von ulkigen Dialogen (einschließlich Anspielungen an „Nosferatu“ und „Star Wars“) sowie spleenigen Typen getragen wird. Verkörpert werden die u. a. von Danny Glover („The Royal Tenenbaums“), Steve Buscemi („Trees Lounge“), Caleb Landry Jones („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“), Indie-Regisseur Larry Fessenden („The Last Winter“), Rosie Perez („Perdita Durango“) und Carol Kane („Der Stadtneurtotiker“).

Das wirkt in seiner kalkulierten Überschaubarkeit samt betont unaufgeregt agierendem Cast (schillernde Ausnahme: Swinton) auch diesmal grundlegend sympathisch. Doch im Vergleich zu den großen Werken des eingefleischten Autorenfilmers Jarmusch mangelt es „The Dead Don’t Die“ an erzählerischer Linie. Und einem Ziel. So wirken die Nebenhandlungen um ein durchreisendes Trio – darunter die Jungstars Selena Gomez („Spring Breakers“) und Austin Butler („Once Upon a Time in Hollywood“) – sowie drei juvenile Straftäter in einer Besserungsanstalt abrupt abgewürgt und damit letztlich überflüssig. Am besten ist die kauzige Hommage immer dann, wenn der Zeitgeist, etwa durch Buscemis Trumpismus, überspitzt an die Oberfläche dringt. In Summe aber kann der zweifellos amüsante Film den Eindruck nicht entkräften, dass die Möglichkeiten nicht vollends ausgeschöpft wurden.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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