In seinen 66 Lebensjahren hat Ulli Lommel viel auf die Beine gestellt. Über 30 Filme führen ihn als Regisseur auf, in denen er des Öfteren auch vor der Kamera in Erscheinung trat. Schließlich begann er seine Karriere beim Film als Schauspieler. Zuhauf spielte er in den Werken Rainer Werner Fassbinders mit, unter anderem im TV-Klassiker „Die Welt am Draht“, im Albtraum jedes Deutsch-Leistungskurs-Teilnehmers „Fontane Effie Briest“ oder in dem auch von ihm mitproduzierten Western „Whity“. Die meisten seiner Regiearbeiten hingegen werden sicherlich weniger ruhmreich in die Annalen der Filmgeschichte eingehen, auch wenn sein zweiter Langfilm „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ im Jahre 1973 sogar im Wettbewerb der Berlinale lief (aber gänzlich leer ausging). In all den Jahren danach konnte Lommel in seinem Register Obergurken wie „The Tomb“ (2007), „Zombie Nation“ (2005) oder (der Schmerz sitzt tief) „Daniel – Der Zauberer“ (2004) aufnehmen.
„The Boogeyman“ hat er zwar schon 1980 abgedreht, was aber nicht automatisch bedeutet, dass der Film besser sei als die oben genannten Katastrophen. Analog betrachtet ist er dann doch nicht so extrem schlecht geraten. Aber, viel hat da nicht gefehlt. Es beginnt in einer schon in der ersten Einstellung nach Unheil anmutenden Nacht, die offensichtlich im Oktober zu datieren ist. Ungeniert tippe ich auf den 31. des ebengenannten Monats. Die Mamuschka (Gillian Gordon) des kleinen Willy und der noch kleineren Lacey möchte eigentlich nur das tun, was alleinerziehende (White Trash-)Mütter in Genrefilmen eben so tun: Einen zwitschern und mit dem neuesten Liebhaber die wunderbare Welt des geschlechtlichem Lustspiels auskundschaften. Doof nur, wenn die kleinen Kacker dabei durchs Fenster zuschauen. Der neue Lover (Howard Grant) weiß aber, wie er mit solch aufmüpfigen Rebellen in Miniformat umzugehen hat. Einfach mal den Willy ans Bett fesseln, Socke in den Mund, und schon gibt‘s Ruh´.
Allerdings gelingt es Lacey ihren Bruder zu befreien, indem sie mit einem Michael Myers-Gedächtnismesser die Stricke durchschneidet. Willy nimmt ihr das Messer ab, und der Score lässt uns erahnen, dass diese Welt gleich um einen kleine-Kinder-ans-Bett-fesselnden Brutalo ärmer ist! Diese Vermutung wird durch die subjektive „Halloween“-Intro-Kameraführung genährt, da wir plötzlich Zeuge eines unverkennbar durch Kinderhand führenden Messers werden, das sich gen Schlafzimmer bewegt, während der Synthesizer unheildrohende carpenter‘sche Klänge fabriziert. Willy sticht zu, der Ersatz-Daddy stirbt, Mutter schreit und Lacey schaut zu. Zwanzig Jahre später lebt das Geschwisterpaar bei Tante und Onkel. Lacey (Lommels Ehefrau Suzanna Love) ist mit Jake (Ron James) verheiratet und hat selbst einen Sohn. Willy hingegen (Nicholas Love, auch in der Realität Suzannas Bruder) hat seit jener Nacht kein Wort mehr gesprochen. Als ihre Mutter sich bei ihnen meldet, weil sie die Kinder gern noch einmal sehen würde, solange sie noch unter den Lebenden weilt, nimmt das Unglück (wieder) seinen Lauf.
Lacey wird von quälenden Albträumen geplagt und die Annäherungsversuche eines unattraktiven Mädchens lösen bei Willy einen Schutzmechanismus aus, der die laszive Göre fast das Leben kostet. Laceys Psychiater (ein verschenkter John Carradine) schlägt vor, sie solle an den Ursprungsort ihrer Angst zurückkehren um sich dieser zu stellen – also zurück in das Haddonfielder Klonstädchen. Dass diese Konfrontationstherapie in Filmen NIE funktioniert und immer nur Auslöser für noch größeres Übel sein kann/muss, ist auch hier selbstverständlich. Die Wurzel des Bösen scheint im Spiegel zu ruhen, der auch nach Jahrzehnten ungeachtet eines jeden Nachmieters noch an derselben Stelle hängt wie damals. Lacey glaubt in diesem den toten Liebhaber ihrer Mutter zu erkennen, was sie dazu verleitet, ihn in tausend Stücke zu zerschlagen. Doch Jake nimmt das zerstörte Ding mit nach Hause und flickt es wieder zusammen. Das hätte er lieber sein lassen…
Was wie eine dreister „Halloween“-Abklatsch anfängt, mutiert im Laufe des Films zum waschechten Possessed Object-Horror á la „Amytiville“ Teil vier (die besessene Lampe) und acht (das besessene Puppenhaus) – und macht bis zum Schluss gar keinen Sinn mehr. Lange scheint Lommel einen typischen 80er-Slasher zu präsentieren. Besonders ab der Szene, in der der stumme Willy das Mädchen in der Scheune fast erwürgt hätte. Aber nein, es ist dann doch ein Geist geworden, der sich durch schlecht getrickste Morde beweisen darf. Am Ende landet der Spiegel im Brunnen, Willy redet wieder, und die Sonne geht auf. Wie dieses langweilige Stück Film in den „Genuss“ einer Nobilitierung auf der Liste der berüchtigten „Video Nasties“ kommen durfte, bleibt unerklärlich. Nur an seiner Eintönigkeit dürfte es nicht liegen, auch wenn er es allein deswegen schon verdient hätte. Im Jahre 1983 gab es noch eine Fortsetzung, welche aber zum großen Teil aus Rückblenden des ersten Teils bestehen sollte und 11 Jahre später erschien noch ein Direct-to-Video-Sequel, „Return of the Boogeyman“. Der „Boogeyman“ von 2005 und dessen zwei Fortführungen von 2007 und 2009 sind keine Remakes von Lommels Film – diese Langweiler stehen für sich allein.
Wertung: (3 / 10)