„You cannot doubt the existence of hell. You live in it.” – Der Blick hinter die Fassade: Priester Bernadetto
Killer-Portraits im Kino sind meist actionlastig, beizeiten aber auch humorig oder schlicht lakonisch gefasst. Die letzte Kategorie bedient „Control“-Regisseur Anton Corbijn mit der Romanverfilmung „The American“. Seine Vergangenheit als Fotograf wird über malerisch idyllische Naturaufnahmen von Wald und Flur oder eindrucksvolle Ausschnitte sich schlängelnder Straßen in Vogelperspektive deutlich herausgestellt. Allerdings können auch die erhabenen Bilder nicht den Verdacht akuter Ziellosigkeit entkräften.
Am winterlichen Beginn entledigt sich Auftragskiller Jack (später nennt er sich Edward) zweier ihm auflauernder Widersacher. Seine Begleiterin, lästige Zeugin und möglicherweise auch Komplizin, tötet er ebenfalls ohne mit der Wimper zu zucken. Doch der Mord an ihr lastet schwer auf ihm. Jedenfalls soweit es sich über Alpträume und stetig heruntergezogene Mundwinkel erahnen lässt. George Clooney („Up in the Air“) spielt den alternden Berufsmörder als verschlossene Hülle ohne rechte Mimik. Da ist kein Charme, ja nicht einmal ein Lächeln. Der Blick in sein Innenleben bleibt der Assoziation des Zuschauers vorbehalten.
So überzeugend Clooney das Image des sympathisch coolen Kumpeltyps auch zurückstellt, die unterschwellig aufgeworfenen Genrestandarten lassen den Fortgang des betont unspektakulären Thriller-Dramas früh erahnen. Über Rom reist der sich ständig verfolgt wähnende Jack in die Abruzzen, wo er einen letzten Auftrag erfüllen und sich dann zur Ruhe setzen will. Den Abzug muss er nicht einmal selbst bedienen. Für Kollegin Mathilde (Thekla Reuten, „Brügge sehen… und sterben?“) soll er lediglich die Waffe und einen Tarnkoffer organisieren.
Zwischen langatmigen Szenen von Clooney bei der Gewehrmontage leiten die sich vertiefende Beziehung zur gutherzigen Prosituierten Clara (Violante Placido) sowie existenzialistische Konversationen mit Priester Bernadetto (Paolo Bonacelli, „Night on Earth“) die absehbare wie wiederum lediglich angedeutete Selbstreflexion ein. Dazu bei trägt auch eine stilsicher inszenierte Verfolgungsjagd, bei der Jack einen ihm nachstellenden Kontrahenten beseitigen darf. Der angemessen schwermütige Soundtrack dazu stammt aus der Feder Herbert Grönemeyers.
Statt auf konventionelle Spannungsmomente setzt Corbijn auf das atmosphärische Kombinat aus Bildern und Schauspielern. Die für gewöhnlich ausgesparten Momente zwischen den Schüssen bilden damit den Mittelpunkt eines Films, der Klischees eigentlich vermeiden will, sich ihrer im Detail aber schlicht zu augenscheinlich bedient. Wohin das alles führt scheint schnell ersichtlich. Nur was die Macher mit dieser emotionsarmen Charakterstudie eigentlich bezwecken wollen, bleibt letztlich viel zu vage.
Wertung: (6 / 10)