Territories (CDN/F 2010)

territoriesSicherheit ist eine Illusion. In der präsidialen Ära George W. Bushs wurde das Spiel mit der terroristischen Paranoia zum politischen Druckmittel und befeuerte Kontroversen über staatliche Präventivmaßnahmen. Die daraus resultierende Stimmung bescherte dem kritischen linksliberalen Kino ein neues Hoch. Die kanadisch-französische Co-Produktion „Territories“ greift dies Thema nicht am diskursiven Rand Hollywoods auf, sondern inszeniert die Angst vor Entrechtung und Entmenschlichung als erniedrigenden Alptraum im Sinne des modernen Horrorfilms.

Das autonome System kategorisiert Menschen willkürlich in Freund und Feind. Am eigenen Leib erfahren müssen dies fünf Freunde, die nach einer Hochzeit von Kanada aus zurück nach Amerika fahren. Auf nächtlicher Straße werden sie von zwei Männern in Uniform angehalten. Die stellen erst unbequeme Fragen und nehmen die Reisenden dann in Gewahrsam. Ein kaputter Scheinwerfer, ein überfahrenes Reh, ein Päckchen Gras. Der Generalverdacht terroristischer Aktivitäten, insbesondere ausgelöst durch die kulturellen Wurzeln Jalils (Michael Mando), ist haltlos. Dennoch wird die Gruppe eingeschüchtert, drangsaliert und – als die Situation eskaliert – festgesetzt.

Die Grenzschützer verschleppen ihre Opfer in ein spartanisches Gefangenenlager im Wald, wo sie wie Tiere in Käfige gesperrt werden. Parallelen zu Guantanamo sind zahlreich. Sie verorten dies bestialische Martyrium aus Folter, Verhören und erzwungenen Geständnissen in der Grausamkeit alltäglicher Realität. Die Täter sind Veteranen des Irakkrieges. Sie fungieren als eine Art Redneck-Miliz und nehmen, da sie sich vom Staat im Stich gelassen fühlen, das Gesetz und die Verteidigung des Vaterlandes in die eigenen Hände. Regisseur und Co-Autor Olivier Abbou bringt den Horrorfilm somit auf offensives politisches Terrain zurück.

Trotz erschütternder Szenen physischer und psychischer Gewalt bleiben explizite Gräuel ausgespart. Vielmehr wird der Terror über wacklige Kamera und subjektive Einstellungen erfahrbar gemacht. Leider rückt der Film nach einer Stunde von seiner beklemmenden Prämisse ab, wenn ein privater Ermittler nach dem Verbleib der Verschwundenen forscht. Diese Szenen wirken wie Füllmaterial und sind mit klassischen Gruselschocks überdies auch stilistisch deplatziert. Diese Unwucht, mehr noch der Zwang einer flüssigeren Erzählung, trübt „Territories“ merklich. Das verstörend offene Finale hätte dieser konventionellen Herleitung wahrlich nicht bedurft.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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