
Send in the Clown…
Art der Killer-Clown ist ein modernes Kulturphänomen. Nach Auftritten in Kurz- und Anthologiefilmen bedeutete „Terrifier“ (2016) den Startschuss für die erfolgreichste Horror-Reihe der Gegenwart. Zumindest gemessen am Verhältnis von Produktionskosten und Einspielergebnis. Dabei jongliert Autor und Regisseur Damien Leone mit klassischen Slasher-Formeln und verzerrt diese zwischen Slapstick und Splatter ins Absurde. Das Salz in der Blutsuppe ist Art-Darsteller David Howard Thornton („Screamboat“), der als dialog- und geräuschlos agierendes Comic-Infernal wie eine überspitzte pantomimische Antwort auf ebenfalls wortkarge Genre-Ikonen wie Jason Voorhees oder Michael Myers wirkt.
In „Terrifier 3“ gelingt Leone das Kunststück, in Sachen hemmungslos durchgeknalltem Aderlass noch eine Schippe auf die bereits wenig zimperlichen Vorgänger draufzulegen. Das unterstreicht gleich der Auftakt, in dem Art im Weihnachtsmannkostüm zum nächtlichen – und für die Handlung völlig unerheblichen – Besuch bei einer Familie ausholt und das Kunstblut durch den erwartbar schonungslosen Umgang mit einer Axt gleich eimerweise spritzen lässt. Aber es zeigt, wie viel Zeit sich Leone erneut nimmt, um möglichst drastische Gewalteskapaden zu inszenieren – und das nicht nur auf Kosten von Kindern, sondern auch mit Gast-Beteiligung von Clint Howard („Evilspeak“), Daniel Roebuck („Halloween“) und Tom Savini („Dawn of the Dead“). Dabei gibt es wieder den fast obligatorischen „Signature Kill“ zu erleben, ohne den moderne Slasher-Streifen kaum mehr auszukommen scheinen; man denke an den Yoga-Mord in „In a Violent Nature“.
Hier darf Art ein unter der Dusche fummelndes Pärchen mit einer Kettensäge traktieren. Leone bleibt dem Trend seines sardonischen Spaßmachers treu und zelebriert die körperliche Zerstörung mit ausgestellter Anstößigkeit. Das buchstäbliche „Arschaufreißen“ wird durch Arts gnadenlos übertriebene Mimik und Fun-Splatter-Anklang (samt Schnee-Engel in der Blutpfütze) aber erneut entzerrt. Der Clown bleibt eben ein Clown; und sei er noch so dämonisch. Gerade dahingehend präsentiert der dritte Aufguss erweiterte Hintergründe. Denn Art und der im ersten Teil bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Victoria (Samantha Scaffidi, „Demon Hole“) wird diesmal tatsächlich dämonische Besessenheit attestiert. Die braucht es wohl auch, schließlich gebar sie dem enthaupteten Art in der Abspannszene von „Terrifier 2“ einen neuen Kopf in der Nervenheilanstalt.
Um den fachgerecht anzuflanschen, macht sich der Rumpf mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg. Schwarzer Humor ist wieder Trumpf, selbst wenn das Spiel mit den Grenzen des Zeigbaren im massentauglichen Kino – und mit weltweit mehr als 100 Millionen eingespielten Dollar ist „Terrifier 3“ fraglos ein Film für ein breiteres Publikum – durchschaubar bleibt. Den Unterhaltungswert mindert das nicht. Das zeigt sich auch daran, dass im Rückblick Wrestler Chris Jericho als Pfleger explizit zu Schaden kommt. In Sienna (Lauren LaVera, „The Fetus“) findet Art aber erneut (s)eine wehrhafte Widersacherin. Während er und Victoria aber in seinem verlotterten Versteck auf Körperstarre setzen und über fünf Jahre Staub ansetzen, versucht sie das Erlebte in einer Psychiatrie zu verarbeiten. Kurz vor Weihnachten wird sie entlassen und kommt bei Tante Jess (Margaret Anne Florence, „The Incoherents“) und Onkel Greg (Bryce Johnson, „Visions“) unter.
Cousine Gabbie (Antonella Rose, „Fear the Walking Dead“) zeigt sich sehr interessiert an Siennas Traumata und resoluter Stärke. Doch Arts Gegenspielerin scheint, anders als ihr mittlerweile studierender und nach Normalität suchender Bruder Jonathan (Elliott Fullam), schwer gebeutelt und dem bald erwachenden Clown damit abermals ausgeliefert. Dass Leone die simple Story wieder auf mehr als zwei Stunden walzt, erscheint unnötig. Allerdings ist „Terrifier 3“ nicht nur rund 20 Minuten kürzer als der überlange Vorgänger, sondern erzählerisch auch fokussierter. Das macht die Fantasy-Aspekte um das magische Schwert – und Siennas in Kindheitsrückblicken bemühten Comic-Zeichner-Vater (gespielt vom kaum erkennbaren Jason Patric, „Speed 2“) – nicht weniger krude. Insgesamt fügt sich über eingestreute Anleihen bei „The Shining“, „Nightmare on Elm Street“ und „Evil Dead“ aber alles so zusammen, dass der Kampf Gut gegen Böse zwangsläufig in die nächste Runde geht. Warum sollte Leone sein Kulturphänomen Art auch so schnell aus der mit Blut verschmierten Pflicht nehmen?
Wertung: (6,5 / 10)