Taxi Driver (USA 1976)

taxidriver1973 inszenierte der aufstrebende Regisseur Martin Scorsese den Kriminalfilm „Hexenkessel“. In den Hauptrollen wußten seinerzeit die völlig unbekannten Robert De Niro und Harvey Keitel die Kritiker zu überzeugen. Diese Tatsache veranlaßte ihn nur drei Jahre später zu einer weiteren Verpflichtung dieses Gespannes für seinen Film „Taxi Driver“, wie schon „Hexenkessel“ und viele seiner Folgefilme in New York angesiedelt. Doch beleuchtet Scorsese, im Gegensatz zu anderen auf den „Big Apple“ fixierten Filmemachern, beispielsweise Woody Allen, seit jeher mit Vorliebe die existenziellen Schattenseiten der Weltmetropole und betrachtet in der Hauptsache gesellschaftliche Randfiguren. Charaktere wie Travis Bickle, jenen „Taxi Driver“. Schauspielchamäleon De Niro schlüpfte 1976 in die Rolle des von Schlaflosigkeit geplagten Vietnamveterans, welcher sich eher aus Langeweile denn aus Existenzängsten zu einem nächtlichen Job als Taxifahrer entscheidet.

So befördert der potentielle Einzelgänger Nacht für Nacht Passagiere in alle Teile der Stadt, die Slums und Elendsviertel New Yorks eingeschlossen. Wenn Travis nicht gerade Personen chauffiert, vertreibt er sich die Zeit im Pornokino oder sinniert vor dem Fernseher in der Abgeschiedenheit seines kargen Apartments über den widerwärtigen Abschaum, der seine Heimatstadt bevölkert, sie aushöhlt und ihr sämtliches Leben entzieht. Die Tristesse seines Alltags durchbricht lediglich die stumme Bewunderung von Wahlhelferin Betsy (Cybill Shepherd, „Texasville“), im Dienste des potentiellen Präsidentschaftskandidaten und Senator des Staates New Yorks. Doch resultiert aus wenigen Treffen einzig Betsys Abneigung gegenüber Travis‘ Lebensstandard und Beschäftigungen, so dass sich der ohnehin emotional ausgetrocknete Mann in eine zweifelhafte Welt aus Hass und Gewaltbereitschaft zurückzieht. Als Konsequenz deckt sich Travis mit Handfeuerwaffen ein, bereit auf seine Art ein Zeichen gegen den sozialen Niedergang und die Verrohung der Gesellschaft zu setzen.

Ziel des unscheinbaren Taxifahrers und seinem selbst auferlegten Martyrium: Das Leben des kommenden Präsidentschaftskandidaten. Im Zuge dieser geistigen Entgleisungen zählt für Travis lediglich noch seine Artillerie. Vor dem Spiegel zelebriert er Duelle mit sich selbst, kapselt sich mehr und mehr ab. Auf seinen Fahrten durch den Sündenpfuhl New York lernt er die minderjährige Prostituierte Iris (Jodie Foster) kennen und gewinnt ihr Vertrauen, angewiedert und abgeschreckt durch die Gleichgültigkeit des jungen Mädchens bezüglich ihrer ausweglosen Situation. Als Travis geplanter Amoklauf auf einer Wahlveranstaltung des Senators, unterstrichen durch einen markigen Irokesenschnitt, schon frühzeitig durch Sicherheitskräfte unterbunden wird, entkommt Travis im Schutze der Zuschauer. Doch muß sich die aufgestaute Aggression entladen, längst ist der unauffällige Kriegsheimkehrer zur tickenden Zeitbombe geworden. Schwer bewaffnet beschließt Travis Bickle letztlich, Iris‘ Zuhälter Matthew (Harvey Keitel) einen Besuch abzustatten und den Leidensweg der zwölfjährigen Prostituierten selbst zu beenden.

Mit „Taxi Driver“ schuf Scorsese einen der besten und intensivsten Filme aller Zeiten und begründete obendrein Robert De Niros Status als exzessiven Charaktermimen. Durch Travis‘ Monologe, überspielt durch düstere Bilder des Großstadtdschungels, nimmt der Betrachter unmittelbar Teil an dessen menschlicher und emotionaler Entfremdung. Eine bittere Studie über Einsamkeit und die Auswirkungen des urbanen Horrors auf die Gemüter der Menschen, obendrein eindrucksvoll bebildert und fotografiert von Kameramann Michael Chapman („Wie ein wilder Stier“). Unterstrichen wird der geistige Schwebezustand des Travis Bickle und der daraus resultierende Amoklauf von einem stimmigen Soundtrack, komponiert vom genialen Klangschöpfer Bernard Herrmanns („Vertigo“, „Psycho“), welcher einen Tag nach vollendung des Scores starb, woraufhin „Taxi Driver“ dem Leben und Schaffen Herrmanns gewidmet wurde.

Das brillante Skript lieferte Autor und Regisseur Paul Schrader, der später u.a. auch die Drehbücher zu den Scorsese-Werken „Wie ein wilder Stier“ und „Bringing out the dead“ verfasste – und der im Jahre 1992 mit „Light Sleeper“ einen thematisch ähnlich angelegten Film mit Willem Dafoe und Susan Sarandon in den Hauptrollen inszenierte. Im übrigen markiert „Taxi Driver“ die zweite von insgesamt acht Arbeiten Scorseses mit seinem erklärten Lieblingsdarsteller DeNiro. Dieser wurde aufgrund seiner fulminanten Darbietung völlig zu recht für den Oscar nominiert, ging letzten Endes jedoch leer aus. Ebenso erging es auch der damals umjubelten Kindfrau Jodie Foster („Das Schweigen der Lämmer“). Daneben agieren in Nebenrollen Peter Boyle („Während du schliefst“), Victor Argo („King of New York“) und Regisseur Scorsese selbst in einer Nebenrolle als Fahrgast. Um seinerzeit einer X-Rated-Einstufung, dem kommerziellen Todesstoß eines Filmes in Amerika zu entgehen, wurde das nüchtern wie erschreckend brutal in Szene gesetzte Finale durch grobkörnige Kamerafilter und geminderte Farbintensivierung verfremdet. „Taxi Driver“ zählt unumstritten zu jenem Zirkel Filme, die man definitiv gesehen haben muss!

Wertung: 10 out of 10 stars (10 / 10)

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