Sushi Girl (USA 2012)

sushigirlRevenge is a dish best served raw.

Der Duke bittet zum Abendmahl. Es gibt Sushi, serviert auf dem Körper einer nackten Frau. Ihre Anweisungen sind klar: nicht sprechen, nicht bewegen und am besten auch nicht zuhören. Schließlich ist Duke ein Verbrecher, eine Unterweltgröße, die vier Komplizen zum gemeinsamen Essen geladen hat. Natürlich nicht ohne Hintergedanken. Denn es gilt herauszufinden, wo die Beute eines Diamantenraubes verblieben ist, den die Anwesenden sechs Jahre zuvor verübt haben. Nur gestaltet sich die Schuldfrage weniger eindeutig, als ursprünglich angenommen.

Der geschwätzige Pulp-Thriller „Sushi Girl“ ist – wie viele andere vor ihm – von den Werken Quentin Tarantinos geprägt. Kern Saxtons Nachahmer, von ihm gedreht, produziert und co-verfasst, lehnt sich in der kammerspielartigen Inszenierung an „Reservoir Dogs“ an und erörtert die Hintergründe über Rückblenden erst allmählich. Dass der von Cortney Palm („Losing Ferguson“) gespielten lebenden Sushi-Platte dabei gesteigerte Bedeutung zukommt, lässt sich nicht allein am Titel ermessen. Aber der Weg zur Wahrheit ist lang – und gesäumt von Psycho-Duellen, hochkochenden Aversionen sowie brutaler Folter.

Als besagter Duke lädt „Candyman“ Tony Todd (fungierte auch als ausführender Produzent) die Gangsterkollegen Crow (der ewige Luke Skywalker: Mark Hamill), Max (Andy Mackenzie, „MacGruber“) und Franklin (James Duval, „Nowhere“) in eine abseitige Industriebrache. In der wurde ein Raum nach japanischem Vorbild eingerichtet. Auf dem Tisch in der Mitte liegt das Sushi Girl. „Ehrengast“ des Abends ist der eben aus dem Knast entlassene Fish (Ex-Kinderstar Noah Hathaway, „Die unendliche Geschichte“), der die Diamanten bei sich trug, als er nach dem Überfall von der Polizei aufgegriffen wurde.

Was gegenseitigen Verdächtigungen folgt, ist ein perverses Spiel, bei dem der bedauernswerte Fish nach Dukes Eieruhr reihum gefoltert wird. Während sich Franklin weigert, verstricken sich Crow und Max in einen brutalen Wettstreit darüber, wer die Wahrheit zuerst aus dem vermeintlichen Verräter herauspressen kann. So verwandelt sich Fish allmählich in einen Klumpen blutigen Fleisches. In Rückblicken werden zwischen den Runden der Überfall – bei dem in Mini-Rollen Michael Biehn („Stiletto“), Jeff Fahey („Planet Terror“) und Danny Trejo („Machete“) ausradiert werden – und seine Folgen gezeigt. Komplettiert wird das Bild aber erst am Ende, wenn auch Hintergrund und Motivation des Sushi Girl offenbar werden.

Wirklich clever konstruiert ist Saxtons Langfilmdebüt nicht. Aber der fiese kleine Thriller spielt seine Stärken in Anlehnung an die bekannten (und unbekannten) Vorbilder souverän aus. Das offenbart sich insbesondere auf darstellerischer Ebene. Mark Hamill ist als schwuler Folterknecht zwischen Zicke und Psychopath eine Wucht. Er sticht aus dem freudvoll agierenden Cast, zu dem auch Martial-Arts-Legende Sonny Chiba („Kill Bill“) zählt, hervor. Wer will sich da schon an Ungereimtheiten und kalkulierter Schmuddel-Atmosphäre stören? Denn die zwar brutale, jedoch nicht vordergründig auf Gewalt setzende Inszenierung mit 70’s-Schmiss und lässigem Soundtrack funktioniert hier deutlich besser, als bei vielen  anderen Neuzeit-Exploitern.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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