Jeder kennt dieses Gefühl: Nach der feudalen Einfuhr minderwertiger Nahrungsgruppen beim Schnellimbiss seines Vertrauens randalieren die Eingeweide und der Enddarm schlägt lautstarke Purzelbäume. Entsprechend altbacken mag die Erkenntnis aufstoßen, dass unter Zeitdruck zusammengeferkelte Mahlzeiten aus Fritten und Hamburgern, Shakes und Eisschlemmereien zwar prima die Voluminösität der eigenen Physis ins Unermessliche steigern, jedoch nicht über den Nährwert eines grobstolligen Reiterstiefels hinausragen. Was also bleibt zu tun, um dem Themenkomplex aus dem Ruder laufender Essgewohnheiten und akuter Fettleibigkeit frischen Odem einzuhauchen und obendrein den milliardenschweren Urhebern dieses Industriezweigs ans Bein zu pinkeln?
Der New Yorker Dokumentarfilmer Morgan Spurlock nimmt sich dieser und anderer Fragen rund um die geschwinde Nahrungsaufnahme in seinem gefeierten Erstling „Super Size Me“ an und unterzieht sich einem obskuren Selbstversuch: 30 Tage lang darf er sich nur von der Angebotspalette des Fast-Food-Giganten McDonalds ernähren. Drei Mahlzeiten pro Tag sind Pflicht, den Hinweisen des Personals auf Großportionen, den sogenannten „Super Size Meals“, muss der ambitionierte Produzent und Regisseur den eigenen Reglements entsprechend dankbar nachkommen. So begibt sich Spurlock auf eine fetttriefende wie sadomasochistische Tour de Force und kreiert ein wahrhaft erschreckendes Bildnis der amerikanischen Esskultur. Von gleich mehreren Ärzten im Vorfeld bester Gesundheit und optimaler Organwerte attestiert, wird das leidensfähige Versuchskaninchen im Zuge der illustren Anti-Diät mehr als 20 Pfund Körpergewicht zulegen und diverse Stadien des körperlichen Verfalls durchlaufen. Depressionen, Kopfschmerzen und sogar Entzugserscheinungen, die dem Terminus „Junk Food“ völlig neue Bedeutungshorizonte eröffnen, sind wohl dokumentierte Begleitumstände des einmonatigen Fressmarathons.
Dieser führt Spurlock durch mehrere Staaten, in unterschiedlichste Städte, darunter mit Houston, Texas auch die schwergewichtigste Ansiedlung der gesamten USA. Gewürzt wird diese muntere Odyssee durch Interviews mit Betroffenen und Gegnern des Kulturphänomens Fettleibigkeit, haarsträubenden Fakten rund um die Zusammensetzung der angebotenen Produkte und amüsanten Statements von Spurlocks Lebensgefährtin, einer passionierten Veganerin. Diese moniert neben allumgreifender Lethargie ihres Freundes vor allem die stetig sinkende Libido, was dem männlichen Geschlecht die Freude auf den nächsten Ausflug in Gefilde akkordzubereiteter Nahrungsmittel durchaus verderben könnte. Natürlich ist „Super Size Me“ von gnadenloser Subjektivität geprägt und treibt vorwiegend einseitige Aufklärung mit der Wucht einer Dampframme ins Bewusstsein des Zuschauers. Doch erweist sich der verschmitzte Blick auf das gewichtige Hauptproblem der amerikanischen Bevölkerung als hochgradig amüsant und beinahe unverschämt unterhaltsam. Im Stile des Deutschen derzeit liebsten Amerikaners Michael Moore („Bowling for Columbine“) entlockt auch Morgan Spurlock dem Stilmittel der satirischen Übertreibung höchste Effizienz und geizt dabei wahrlich nicht mit Selbstironie.
Dass der aufgezeigte Versuch ein absolutes Extremum darstellt und Spurlock innerhalb eines Monats die von Ernährungsexperten empfohlene Menge Fast-Food von acht fetten Jahren vertilgt, daraus macht „Super Size Me“ in keiner Sekunde einen Hehl. Vielmehr dient diese beizeiten maßlose Übersteigerung als Grundlage der simpel gestrickten Kritik an der Geschäftspolitik der verantwortlichen Konzerne. Auf eben diesem Wege sichert sich Spurlock die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Publikums und rüttelt selbiges unter Zuhilfenahme des für moderne amerikanische Dokumentationen unverzichtbaren Holzhammers wach. So entsteht ein ungemein sympathisches, irrwitziges und allen voran erschreckendes Panoptikum der geschäftspolitischen Gepflogenheiten interkontinentaler Mampf-Multis, das Spurlock neben einer internationalen Leinwandauswertung seines beachtlichen Werkes auch den Regiepreis des renommierten Sundance Film Festivals bescherte. Der Kampf gegen die Windmühlen großunternehmerischer Willkür geht unterdessen in die nächste Runde, hat McDonalds nach anfänglichem Zögern doch nachhaltige Gegenwehr angekündigt.
Wertung: (8,5 / 10)