Street Trash (USA 1987)

„I don’t need this. I already got trouble with my kids, my wife, my business, my secretary, the bums, the runaways, the roaches, prickly heat, and a homo dog. This just ain’t my day.“ – Frank

Ein Film, der seinem Titel alle Ehre macht: „Street Trash“. Denn das Langfilm-Debüt des damals 21-jährigen James Michael Muro ist nicht allein lupenreiner Schund, sondern dreht sich überdies um das Leben auf der Straße. Dabei trifft Sozial-Groteske auf Körperschmelz-Splatter, wenn Obdachlose in New York mit Schnaps in Kontakt kommen, der den Leib in knallbunten Farben auflöst. Das erinnert an gängige TROMA-Produktionen, überragt diese aber bereits durch den gesellschaftssatirischen Subtext. Damit steht „Street Trash“ einem Film wie „Repo Man“ (1984) näher als etwa TROMA-Klassikern des Kalibers „Class of Nuke ‚Em High“ (1985). Allerdings kann der spätere „L.A. Crash“-Kameramann Muro kaum verbergen, dass es ihm primär um möglichst umfängliches Provokationspotential geht.

Einer schlüssigen Handlung folgt der von Roy Frumkes („Mörderischer Tausch“) geschriebene Streifen kaum. Vielmehr werden verschiedene Subplots verwoben, die ein skurriles Potpourri gestrandeter Existenzen ausstaffieren. Ein Dreh- und Angelpunkt ist der Schrottplatz des fettleibigen Frank Schnizer (Pat Ryan, „The Toxic Avenger“), den diverse Obdachlose als Wohnstätte auserkoren haben. Die Spitze der Hackordnung besetzt der durchgeknallte Vietnamveteran Bronson (Vic Noto, „Bloody Marie“), der ein Messer mit Knochengriff bei sich führt. Einer der Clochards, die ihm die Gefolgschaft verwehren, ist Fred (Mike Lackey). Der haust mit Bruder Kevin (Mark Sferrazza), der mit Franks Sekretärin Wendy (Jane Arakawa) anbandelt, in einem Verschlag aus Autoreifen.

Hauptanlaufstelle für Spirituosennachschub ist der Laden von Ed (M. D’Jango Krunch). Als er im Keller eine Kiste alten Fusel (mit dem schmucken Namen Tenafly Viper) entdeckt und den Stoff zum Schleuderpreis anbietet, bringt er eine tödliche Ereignisspirale in Gang. Zumindest anfangs. Denn nach der ersten Körperschmelze, bei der die tricktechnischen Qualitäten der Low-Budget-Produktion hervorgehoben werden (die tieffliegende Kamera zitiert zudem „Tanz der Teufel“, 1981), wird der Viper-Zündstoff nach Opfer Nummer zwei (als Juppie-Kollateralschaden dient Frumkes) erst einmal vergessen. Dafür tritt Cop Bill (Bill Chepil) auf den Plan, der als Urheber der mysteriösen Todesfälle Bronson vermutet.

„Gimme a bottle of booze. Here’s my dollar. Suck my dick!“ – Fred

In der Zusammenfassung mutet das linearer an, als es Muro auf gestreckter Basis seines eigenen Kurzfilms serviert. Für die Diffusität des erzählerischen Rahmens steht etwa Freds Anbandelung mit der volltrunkenen Gespielin von Gangster Nick Durand (Tony Darrow, „GoodFellas“), dessen vorlauter Restaurant-Türpage (James Lorinz, „Frankenhooker“) ebenfalls Raum für humorige Eskapaden erhält. Dass Freds Schäferstündchen mit der Unbekannten in eine (angedeutete) Massenvergewaltigung durch weitere Schrottplatzbewohner mündet, die Frank tags darauf über einen (ebenfalls angedeuteten) nekrophilen Akt auf die Spitze treibt, festigt den kalkuliert anstößigen Charakter. Und als wäre das nicht genug, wird noch mit einem von Bronson abgeschnittenen – und üppig ins Bild gerückten – Penis auf dem Schrottplatz Fangen gespielt.   

Trotz einer gewissen Dialoglast – und zu vielen Figuren/Handlungsfortsätzen – ist bei „Street Trash“, der neben „Der Planet Saturn lässt schön grüßen“ (1977) zur raren Sub-Gattung der „Melt Movies“ zählt, immer etwas los. Die Besonderheit besteht darin, dass das nie romantisiert skizzierte Milieu der Obdachlosen bei aller Übertreibung durchaus authentisch erscheint. Obendrein erweist sich Muro als versierter Handwerker, so dass die teils verspielte Optik deutlich mehr Professionalität ausstrahlt als bei Underground-Leuchttürmen wie „Combat Shock“ (1984) oder „Deadbeat at Dawn“ (1988). In diesem Zusammenhang erwähnenswert: Neben Effekt-Spezialist Scott Coulter („Texas Chainsaw 3D“), hier als Make-Up-Assistent gelistet, verdiente sich der spätere Blockbuster-Regisseur Bryan Singer („X-Men“) als Produktionsassistent frühe Sporen.  

Dass der Streifen in Summe nicht zwingend ausgegoren erscheint, mindert den Unterhaltungswert kaum. Dafür stehen auch urkomische Szenen wie der Supermarkt-Raubzug von Freds Kumpel Burt (Clarenze Jarmon), der verschiedene Waren in den Weiten seiner Hose verschwinden lässt und letztlich mit einer Papiertüte über dem Kopf durch die geschlossene Glastür schreitet. Die Dialoge, bei denen im Original nicht mit Fäkalsprache gegeizt wird, bieten ebenfalls reichlich amüsante Entgleisungen. Die weichen im Schlussakt handfestem Grotesk-Splatter, wenn der frustrierte Fred auf die durchschlagende Wirkung von Viper stößt und damit Bronsons Tyrannei ein Ende setzen will. Derber Humor und deftiger (Fun-)Splatter: Wer das Underground-Kino liebt, sollte „Street Trash“ keinesfalls aussparen.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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