Sam Peckinpah, berüchtigt für gewaltstrotzende Kinopoesie und üppige Alkohol- wie Drogenexzesse, erlangte durch das Westerngenre Bekanntheit. „The Wild Bunch“ (1968) setzte Maßstäbe in Sachen Blutgehalt, „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ (1973) bedeutete die Entmystifizierung der lange heiligen Filmgattung. Das ungewöhnlichste, gleichwohl umstrittenste Projekt seiner Karriere beging Peckinpah mit der Verfilmung des Romans „The Siege of Trencher’s Farm“ – im Kino „Straw Dogs“ betitelt. Der ähnlich seinem treffenden deutschen Pendant „Wer Gewalt sät“ psychologischen Subtext offenbarende Titel verweist auf klaffende Abgründe menschlicher Existenz. Die dem Plot, mehr noch der schonungslosen Inszenierung innewohnende Unbequemlichkeit macht „Straw Dogs“ zu einem schier unvergesslichen, nahezu unverdaulichen Filmwerk.
Der seinerzeit am Anbeginn einer Weltkarriere stehende Dustin Hoffmann („Die Reifeprüfung“) mimt den jungen amerikanischen Astrophysiker David Sumner. Zusammen mit seiner aufreizenden Gemahlin Amy (Susan George, „Venom“) versucht er in ihrem provinziellen britischen Heimatort das wolkenverhangene Eheglück aufzuhellen. Erschwert wird das amouröse Gleichgewichtsstreben durch Davids distanzierte Strebsamkeit, welche im Zusammenspiel mit intellektueller Arroganz eine Ereigniskette in Bewegung setzt, die in ihm die Bestie in Menschengestalt heraufbeschwört.
Den Startpunkt dieser zehrenden Gratwanderung bildet die Auftaktsequenz, in der die nach Aufmerksamkeit dürstende Amy die Blicke der Dorfbewohner auf sich zieht, indem sich unter ihrem wollenen Pullover deutlich die Brustwarzen abzeichnen. Das veranlasst ihren früheren Schwarm Charlie (Del Henney, „Villain“) zu einer ersten Kontaktaufnahme. Diese mündet nach kleinen Provokationen – Charlie und Kumpane verrichten auf dem Grundstück der Sumners Reparaturarbeiten – in den Fund der Katze, stranguliert im Wäscheschrank. Statt der Konfrontation sucht David den Kontakt, was im Zuge eines fingierten Jagdausflugs in die brutale Vergewaltigung Amys mündet. Die ob ihrer drastischen Umsetzung kontrovers diskutierte Szene erhält erschütterndes Gewicht durch den Umstand, dass Amy in ihrem Frust über den Stand der Ehe auf die groben Avancen Charlies eingeht. Erst mit dem Auftauchen eines weiteren Dörflers wird das Martyrium zur grausamen Schändung.
Die Welle der Gewalt packt schließlich auch David. Jedoch nicht durch die Peinigung seiner Frau, die den Vorfall aus Scham verschweigt, sondern durch die Forderung eines aufgebrachten Lynchmobs, den von David angefahrenen und in seinem Haus untergebrachten Dorftrottel Henry (David Warner, „Waxwork“) in ihre nach Rache dürstenden Hände zu übergeben. Auf einem lokalen Fest kam durch Henrys unbeabsichtigtes Verschulden die Tochter eines der trinksüchtigen Einwohner zu Tode. Die sich im Schlussakt – der versuchten Erstürmung des steinernen Farmhauses – entblößende Gewalt zeigt Sam Peckinpah in für ihn typischen Zeitlupenaufnahmen. Davids Selbstschutz macht das Massaker nicht weniger unnötig, die teils harsche Zurschaustellung menschlichen Todeskampfes unterstreicht die parabelhafte Hintergründigkeit des Films.
„Straw Dogs“ ist hartes Ausnahmekino, welches selbst für die wiederholt Grenzen überschreitenden Siebziger nachhaltig verstörende Tendenzen offenbart. Dass die krasse Gewaltstudie im Laufe der Jahre nichts von ihrer Wirkung verloren hat, liegt neben dem zeitlosen Ambiente an der Regie Peckinpahs – und dem einmal mehr seiner Kontrolle entrissenen Endschnitt. Über weite Strecken ohne scheinbares Vorwärtskommen der Handlung wird die Bildmontage im Aufblitzen des Tötungswillens von schnellen Schnittfolgen und blutigen Einzelbildern dominiert. Ob man dies brutale, intensiv gespielte Werk zu schätzen weiß oder sich abgestoßen fühlt – „Straw Dogs“ lässt niemanden kalt. Garantiert.
Wertung: (8 / 10)