Stereo (D 2014)

stereoEin Kino-Thriller aus Deutschland? Das kommt so selten vor, dass man sich durchaus verwundert die Augen reiben darf. Gerade vor dem Hintergrund, dass Genrefilme in der hiesigen Filmwirtschaft arg unterrepräsentiert sind, weckt „Stereo“ Neugier. Und natürlich aufgrund der Hauptrollen, die mit den erstmals gemeinsam vor der Kamera stehenden Jürgen Vogel („Der freie Wille“) und Moritz Bleibtreu („Nicht mein Tag“) prominent besetzt sind. Aber beliebte Akteure und relativer Exotenstatus allein reichen nicht. Da trifft sich gut, dass Regisseur und Autor Maximilian Erlenwein („Schwerkraft“) über weite Strecken auch eine fesselnde Geschichte zu erzählen weiß.

Die konzentriert sich auf Motorradschrauber Erik (Vogel), der im ländlichen Brandenburg eine Werkstatt betreibt. Dem Leben in Berlin hat er den Rücken gekehrt und in der alleinerziehenden Julia (Petra Schmidt-Schaller, „Unter Nachbarn“) eine Partnerin gefunden, die seine Verschlossenheit verständnisvoll akzeptiert. Anders als ihr misstrauischer Vater, der Polizist Wolfgang (Rainer Bock, „A Most Wanted Man“), der ihn mit bohrenden Fragen über seine Vergangenheit konfrontiert. Die holt Erik ein, als der mysteriöse Henry (Bleibtreu) in sein Leben tritt, den er mit dezentem „Fight Club“-Anklang bald als pure Einbildung abstempelt.

Der imaginäre Begleiter mischt sich ein, kommentiert Eriks Handlungen zynisch und provoziert ihn. Der damit verbundene Mystery-Anteil prägt das Anfangsdrittel und wird zunächst auch durch den gebrechlichen Gangster Keitel (mit Wiener Schmäh: Georg Friedrich, „Nordwand“) genährt, der mit Erik augenscheinlich noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Dem fällt es bald zunehmend schwer, zwischen Realität und Einbildung zu unterscheiden. Die Antwort jedoch ist eindeutig und führt über traumatische Verdrängung und die Entführung von Julia und ihrer Lieben mit brutaler Konsequenz zurück ins alte Hauptstadtleben.

Der sich nach langsamem Aufbau konstant zuspitzende (Psycho-)Thriller mag konstruiert erscheinen, leitet die weitgehend überzeugend eröffneten Wendungen aber mit einigem Geschick ein. Die Figuren bleiben weitgehend flach, dabei aber immerhin so ambivalent, dass der Klischees nicht zu viele auflaufen. Darstellerisch gibt es nichts zu bemängeln und die finale Konfrontation zwischen Erik und dem bewusst überzogen figurierten Keitel sorgt für eine inhaltliche Kehrtwende mit mancher Härte – und einem nicht reibungsfrei zum Vorlauf passenden Bruch. Für den deutschen Film ist das dennoch eine willkommene Abwechslung, die sich am Ende sogar verblüffend konsequent zeigt. Nicht überragend, aber sehenswert.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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