„Chewie, we’re home!“ – Endlich zurück: Han Solo
Es ist das größte Filmereignis des Jahres. Wenn vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis wieder Krieg ausbricht, treibt es Jung und Alt nahezu geschlossen in die Lichtspielhäuser. 32 Jahre nach Abschluss der Ur-Trilogie, den Episoden IV bis VI der beinahe religiös verehrten Sternensaga, wird die Geschichte mit „Das Erwachen der Macht“ fortgesetzt. George Lucas, alternder geistiger Vater der klassischen Mär vom Kampf Gut gegen Böse, hat die Verwertungsrechte seiner Vision an den Disney-Konzern abgetreten. In der Augen vieler Fans, insbesondere gemessen an der streitbaren Prequel-Trilogie, eine begrüßenswerte Entscheidung. Umso mehr, da J.J. Abrams mit der sehnlichst erwarteten Weiterführung betraut wurde und als Regisseur, Produzent und Co-Autor (u. a. neben Lawrence Kasdan, der an den Episoden V und VI mitschrieb) sämtliche Zügel in der Hand hält.
Abrams, der nach dem TV-Phänomen „Lost“ das Kino eroberte und neben „Mission: Impossible“ vor allem dem eingerosteten Science-Fiction-Klassiker „Star Trek“ zu neuem Glanz verhalf, ist Hollywoods neues Wunderkind. Was er anpackt, schlägt ein. Mehr noch als beim erwähnten Konkurrenz-Klassiker um das Raumschiff Enterprise war die Skepsis beim „Star Wars“-Sequel jedoch gewaltig. Teaser und Trailer gewährten in kurzen Schnipseln ein Wiedersehen mit alten Helden und neuen Figuren. Nur Luke Skywalker (Mark Hamill) machte sich rar. Spekulationen ließen nicht lange auf sich warten. Sollte er sich etwa auf die dunkle Seite der Macht geschlagen haben? Die Antwort, warum Hamill in den Trailern und auf dem Poster nicht auftaucht, ist verblüffend einfach: Im Vordergrund stehen andere Protagonisten.
Einer davon ist Finn (mit schwererer Atmung als Matthew Fox in „Lost“: John Boyega, „Attack the Block“), Klonkrieger im Dienste der First Order genannten Erben des galaktischen Imperiums. Ihr Erstarken wird auf Geheiß des von Andy „Gollum“ Serkis per Motion Capture verkörperten Supreme Leader Snoke durch Truppenführer Hux (mit monotoner Verbissenheit: Domhnall Gleeson, „Ex Machina“) und Darth Vader-Nacheiferer Kylo Ren (Adam Driver, „Frances Ha“) erbarmungslos vorangetrieben. Finn jedoch schreckt die Grausamkeit ab. Um dem Regime zu entkommen, verhilft er dem gefangenen Poe Dameron (Oscar Isaac, „Inside Llewyn Davies“) zur Flucht, dem besten Piloten der von Republik-Generalin Leia (Carrie Fisher) befehligten ehemaligen Rebellen. Der wurde auf den Wüstenplaneten Jakku beordert, um mit dem kugelnden Droiden BB-8 eine Karte zu erhalten, die den Weg zum untergetauchten Skywalker weisen soll. Den will auch Snoke aufspüren, um die Jedi-Ritter endgültig zu vernichten.
Sinnstiftend fällt der Plot kaum aus. Erschreckend oft wirkt „Das Erwachen der Macht“ wie eine Kopie von Episode IV. Da ist der unscheinbare, jedoch offenkundig zu Höherem berufene junge Protagonist auf dem kargen Sandstern – hier vertreten durch die toughe Rey (eine echte Entdeckung: Daisy Ridley, „Scrawl“). Das Böse hat mal wieder familiäre Bindung zum gerechten Widerpart und verfügt obendrein über eine planetare Kampfstation, die im Handstreich ganze Welten auslöschen kann. Allerdings gibt es auch diesmal die prominent platzierte Schwachstelle, die der Heldenfraktion die Möglichkeit zur Gegenwehr eröffnet. Ach ja, und dann ist da noch der unvermeidliche Tod einer Hauptfigur, der unter eingefleischten Fans einige Bestürzung auslösen dürfte. Obwohl Abrams insgesamt wenig eigene Ideen auffährt, ist seine Fortsetzung großes Kino mit bombastischen Effekten und – als Salz in der Sci-Fi-Suppe – zahlreichen inhaltlichen wie inszenatorischen Anspielungen auf die chronologische Vorgänger-Trilogie.
Neben den klassischen Modelltricks trägt vor allem die humorige Charmeoffensive von Han Solo (Harrison Ford) und seinem getreuen Wookie Chewbacca (Peter Mayhew) zur stimmungsvollen Neuauflage bei. Ihnen begegnen Rey, Finn und BB-8 bei der Flucht vor Snokes Häschern, bevor das Treffen der Generationen in epochale Raumschlachten, Laserschwert-Duelle und schicksalhafte Verflechtungen mündet. Unterstrichen wird die liebenswerte Retro-Anmut von Auftritten bewährter Charaktere – darunter Quassel-Droide C-3PO (Anthony Daniels), R2-D2 (Kenny Baker), Admiral Akbar oder Nien Numb – und dem Orchester-Score von John Williams. Bemerkenswert ist auch die Riege illustrer Gastakteure, zu denen Max von Sydow („Minority Report“), Simon Pegg („Star Trek“), Gwendoline Christie („Game of Thrones“), Ken Leung („Lost“), Greg Grunberg („Heroes“) und der obligatorische Warwick Davis („Willow“) zählen. Selbst die „The Raid“-Stars Iko Uwais und Yayan Ruhian schauen kurz vorbei und bescheren Filmfreunden einen insgesamt üppigen Entdeckungshorizont. Vollends begeistern mag Episode VII bei aller Stärke und neuen Flügen des Millennium Falcon nicht, deutlich besser als die Prequel-Teile I bis III ist er aber ohne jeden Zweifel. Bereits dafür vielen Dank, J.J. Abrams.
Wertung: (7,5 / 10)