Stadt der Gewalt – Shinjuku Incident (HK 2009)

stadt-der-gewaltEs ist merklich ruhiger geworden um Martial-Arts-Kasper Jackie Chan („Rumble in the Bronx“). Seit dem Karrieresprung nach Amerika steht Hong Kongs Superstar zwischen Hollywood und der Heimat nur noch sporadisch vor der Kamera. Beizeiten, wie in „New Police Story“, versucht er sich gar als Charakterdarsteller. Ungewohnt glaubwürdig und zugleich moralisch ambivalent agiert er im Gangster-Thriller „Shinjuku Incident“, den Regisseur und Co-Autor Derek Yee („One Nite in Mongkok“) als politisch aufgeheizte Tragödie in ein infernalisches Blutbad treibt.

In den Neunzehnneunzigern zieht es zahllose chinesische Flüchtlinge ins Wohlstand und eine bessere Zukunft verheißende Japan. In der Fremde aber schlägt den illegalen Einwanderern, sofern durch die Behörden nicht gleich abgeschoben, nur Fremdenhass und Ausbeutung entgegen. Einer der Migranten ist Steelhead (Chan), ein ärmlicher Bauer, der sich in Tokio auf die Suche nach seiner verschwundenen Verlobten Xiu Xiu (Jinglei Xu, „The Warlords“) begibt. Doch die ist mittlerweile mit dem aufstrebenden Yakuza Eguchi (Masaya Kato, „Aragami“) vermählt.

Unspektakulär, formal geradezu unauffällig, folgt Yee dem gutmütigen Steelhead ins Vergnügungsviertel Shinjuku, wo er sich in ein Milieu aus Glücksrittern und Kleinganoven fügt. Die bereits durch ihren Dialekt von anderen Flüchtlingsgruppen, aus Hong Kong oder Taiwan, ausgegrenzten Schicksalsgenossen bilden eine solidarisch verschworene Einheit, deren Weg fast zwangsläufig in die Welt des Verbrechens führt. Nach der Verstümmelung eines Freundes sinnt Steelhead auf Rache – und rettet eher zufällig dem todgeweihten Eguchi das Leben. Die Verstrickung in einen brutalen Bandenkrieg lässt nicht lange auf sich warten.

Zugunsten verstörend eruptiver Gewaltausbrüche verzichtet Yee auf stilisierte Blutbäder. Krepiert wird dreckig, im Mahlstrom eines unbarmherzigen urbanen Molochs. Das Bild dieser trostlosen Halbwelt erweist sich als bestürzend nihilistisch. Die Gemeinschaft der Migranten zerbricht an der ihr gewährten Macht, der Traum eines Lebens in Respekt und Achtung löst sich in einem blutigen Sturm aus Missgunst und Gier auf. Die Darsteller – u.a. Daniel Wu („Blood Brothers“) und Suet Lam („PTU“) – überzeugen, wenn sich die Geschichte auch einer zu großen Zahl an Nebenfiguren zuwendet. Ein (gerade visuell) nicht durchweg kraftvolles, aber doch konsequent bitteres Neo Noir-Melodram.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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